Die aus Finnland kommenden Baulta haben nach ihrer Gründung schon einiges an Output herausgebracht, als da wären “Deeply sorry to interrupt your megalomania”, “That’s my house you’re living in”, “The greatest solos of Mr. Bellini vol.1” und ihr vielleicht bekanntestes Album, “Any Fool Can Regret Yesterday”. Nach über sechs Jahren melden sie sich furios zurück und veröffentlichten über das belgische Label Dunk Records ihr neues Werk “Another Second Chance”. Esa (Schlagzeug), Janne (Bass), Iiro (Gitarre) & Matti (Gitarre) bringen damit wieder frischen Wind in meine Post-Rock-Sammlung.
Zu finden sind so gut wie alle Post-Rock -Merkmale: langsame Aufbauten, große Hooks, Höhen und Tiefen, ein Gefühl des Loslassens und Genießens. Das Quartett wird durch Klavier und Streicher ergänzt und vergrößert so den klanglichen Horizont.
“Third” lässt mich die eisige Kälte und die Einsamkeit eines finnischen Wintermorgens spüren. Der Song trägt mich davon und lässt mich in einer anderen Epoche wieder aufwachen. Das starke und nachdenkliche Klavierspiel lädt mich zum Träumen ein, wohingegen ich bei “While The World Sleeps” nicht träumen will. Bei diesem Track holt mich mein Endgegner von Albtraum ein – irgendein Riesenkrokodil, dass mir auf die Pelle rückt. Ich sollte es lassen, Musik in einem komplett verdunkeltem Zimmer zu hören. Aber es erreicht mich mit dem Song auch die Hoffnung auf möglicherweise bessere Zeiten, gerade in der Pandemie, nicht zuletzt auch in der Zeit des Hochwassers in weiten Teilen Deutschlands oder den Bränden in einigen europäischen Staaten.
Die zweite Vinylseite mit “My Golden Cage” gibt dir das Gefühl, du bist gerade in deiner Wohnung, hast genug Essen, genug zu Trinken, anständige Kleidung, einen Job und bist mit dir im Reinen. Und auf der anderen Seite gibt es die, die eben nichts zu Essen und zu Trinken haben oder wo die Qualität des Trinkwassers zu wünschen übrig lässt. Oder die, die unsere Klamotten für Hungerlöhne nähen müssen. Oder die, die keine Jobs haben, oder so viele Jobs haben, dann aber trotzdem nicht über die Runden kommen. Das alles schwirrt durch meinem Kopf, während ich den Track höre. Mit Ende des Songs steigt aber die Hoffnung, dass sich eines Tages alles zum Besseren wendet. Musikalisch bieten uns Baulta auf 36 Minuten die volle Bandbreite zwischen gebrechlich bis energiegeladen!
Im Grunde genommen sind einem keine träumerischen Grenzen gesetzt. Jede*r kann über das nachdenken, was sie*ihn umtreibt.
Das Vinyl wurde in zwei verschiedenen Farbpressungen gepresst. Mir liegt die rostrote Variante vor, die es ausschließlich in der EU gibt – den Bildern auch zu entnehmen. Als Fan von Dunk Records habe ich natürlich schon vorher gesehen, welche Pressungen es geben soll, war aber von der rostroten Version nicht so angetan. Jetzt, wo sie vor mir liegt, habe ich meine Meinung durchaus geändert. Beide Pressungen haben eine wunderbare klangliche Qualität, wie man es von Dunk gewohnt ist.