Sie nötigen mir immer wieder den allergrößten Respekt ab, diese Bands, die sich ohne zahlungskräftiges Label oder sonstige Sponsoren im Rücken an den Rand des finanziellen Ruins bringen, um der Welt ihre Musik auf physischen Datenträgern – am besten natürlich auf dem von uns so geliebten Vinyl – präsentieren zu können. In Zeiten wie diesen, in denen die Produktion einer LP aus diversen Gründen teilweise um mehr als das doppelte teurer geworden ist sowieso. Allerdings haben wir es in diesem Fall mit einer Band (die auf eigene Faust veröffentlicht) zu tun, die bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hatte und in der Vergangenheit auch schon auf Majors zuhause war, bevor sie sich 2004 vorerst verabschiedete, um so um 2010 rum wieder aufzutauchen – just for fun! Man kann also davon ausgehen, dass diese Band weiß, worauf sie sich da einlässt und dass diese Band selbstbewusst und ausreichend überzeugt von sich selbst ist, um dieses Risiko tragen zu wollen.
Die Rede ist von Uncle Ho aus Wuppertal. Und die fünf Songs auf ihrem jüngsten Release „Futura Octopus“ geben auch allen Grund dazu, vor Selbstbewusstsein nur so zu strotzen. Ergo: es wäre jammerschade, wenn Uncle Ho uns diese nicht auf Vinyl zur Verfügung stellen würde. Letztlich mögen sie aber mindestens das minimale Risiko plus den dafür notwendigen minimalen Wahnsinn wert sein, u.U. auf Teilen der Unkosten sitzen zu bleiben, sollte sich die Platte zu Unrecht nicht vollständig refinanzieren. In Anbetracht der Musik von Uncle Ho mag man der Band so oder so auch gerne eine Prise Wahnsinn zuschreiben. Oder besser Wahnwitz. Ja, das trifft’s ganz gut.
Der Opener „The Curve“ wartet mit einem opulenten Intro auf, welches stark an Massive Attack denken lässt, jedoch mit konventionellen Instrumenten dargeboten wird. Super Einstieg, ehe der Song dann zu dem mutiert, was Uncle Ho wohl am meisten auszeichnet: große Atmosphäre und stimmungsvoller Tiefgang, verpackt in musikalische Machart und Qualität, wie sie Blackmail nicht besser hätten fabrizieren können. Und wer mich kennt, oder aber zumindest ab und an meine Beiträge beim Keks verfolgt, der/die weiß, dass wer dem Vergleich mit DER deutschen Indieband überhaupt standhält, auch selbst ganz schön was auf dem Kasten haben muss. Aber klar, Uncle Ho sind eben definitiv keine Anfänger mehr und wo früher noch mit den H-Blockx getourt wurde, würde eine erneute Tour mit den Smashing Pumpkins im Jahre 2023 doch schon eher passen.
Zwei weitere Spitzensongs („Tell Us – Who Were You Last Night?“ und „Black Summer“) mit fettem Sound, mächtigen Riffs und der nötigen Ruhe an den richtigen Stellen, ehe der Titeltrack dann die B-Seite mit dem coolsten Riff zwischen Queens Of The Stone Age und Sommerhit des Jahres einläutet. Abschließend dann „You Need To Feel Everything In Your Heart“. Klingt schmalziger als es ist und rundet die 12″ perfekt ab. Schade, dass Uncle Ho hier schon Feierabend machen. Hätte gut und gerne nochmal fünf Songs dieser Art vertragen können. Und beinah möchte ich laut „Ho, Ho, Uncle Ho“ skandieren, so wie die jungen Leute einst in 1968. Weiß aber nicht, wie das ankommt, wie das ist, ob Uncle Ho das selber überhaupt wollen (würden). Ich lass es deshalb auch, würde eh keine*r mitkriegen. Nichts desto trotz haben Uncle Ho für diese Meisterleistung eine Menge Lob und Jubel verdient.
Und wo wir zu Beginn von finanziellem Ruin sprachen: Uncle Ho scheinen wirklich kein Risiko gescheut zu haben, wovon allein schon die nobel gestaltete und mit den Lyrics bedruckte Innenhülle zeugt. Auch sonst ein optisch – musikalisch ja sowieso – ansprechendes Produkt. Einzig was so ein bisschen fehlt, ist der Auftritt im www, bzw. damit zusammenhängend der ultimative Tipp, wo ihr euch „Futura Octopus“ organisieren könntet. Versucht es doch am besten mal über Facebook und direkt bei Uncle Ho.