Klar war ich erstmal ein wenig pikiert ob des Bandnamens. Analstahl. Soso.
Die Assoziation ist wohl… nein, ich möchte nicht darüber sprechen.
Dann fürchtete ich sowas wie den rheinischen Humor, da gibt es ja einige Vertreter eines ganz besonderen Zweigs des Punkrock / Funpunk – ich nenne keine Namen, sonst wird das am Ende noch zu “untenrum” hier. Und die anderen, ebenso schambehafteten Leser, wie meinereins, lesen dann möglicherweise nur mit einer gewissen Abscheu weiter.
Die Musik ist kein schnöder Funpunk, was mich wirklich überrascht.
Und dieses kleine, süße Äffchen, was da auf dem Cover so behend ängstlich zwischen den Wellen und den Tentakeln eines Oktopus surft. Man denkt so: “yeah, du schaffst das” und dann, auf der Rückseite…. hat es wohl nicht geschafft.
Das Cover erklärt sich sofort mit dem ersten Song “dicke, fette Spießer”, man weiß dann sofort, das Analstahl aus München kommen und über die Isar singen. Und das kleine, süße Äffchen vornedrauf ist wohl ein so ein Surfer, die im Eiskanal der Isar rumplanschen und ihren Dreck rumliegen lassen.
Musikalisch ist Analstahl sehr punkig, noisig, auch mal sehr schnell. Auf Seite 1 gefallen mir gleich auf Anhieb “raus” und “ich zünd mich an“.
Teilweise sehr simple und klare Texte. Manches eben mit Lokalkolorit wie “tretbar“.
Einige Songs wie “always something” sind etwas, was ich nicht so recht nachvollziehen kann. Nach dem ersten Blick war ich erschrocken, wieviel Songs allein auf der ersten Seite sind, doch Songwriting und Texte ziehen einen schlüssig durch das Gesamtwerk.
Insgesamt 25 Stücke und ein Abschlusswort von Bärchen und die Milchbubies, da Analstahl den Song “ich will meinen Spaß zurück” gecovert haben. (Btw: Gutfeeling Records haben die Platte 2015 wieder aufgelegt.)
Die fünf Herren haben alle den Vornamen Analstahl, sie bedanken sich, auf ihre humorvolle Art, bei einer Band namens Crass. Also vor allem Crass. Die Band muss also irgendwie gut sein. Kennt die jemand? Aus dem Ruhrgebiet ist sie jedenfalls nicht. Klar, auch diversen anderen.
Die Instrumentierung von Analstahl geht über Bass, Gitarre, Drums hinaus, denn sie haben einen DJ dabei! “schilderwald” ist so ein Skit, es befinden sich so zwei, drei auf dieser Platte.
1995 haben Analstahl schon eine 10 Inch rausgebracht. Vow. Auch schon bei Gutfeeling Records.
Analstahl selbst singen ihren Abschiedssong auch noch auf der Scheibe “das war Analstahl”. Offensichtlich (laut Facebook-Seite) spielen sie aber noch Konzerte. Gibt’s die also noch? Oder nur zu bestimmten Events?
Ironie?
Bei “no borders” – ist der Text so gemeint: das Trinken und sich an Frauen ranmachen eine Scheiß-Idee ist, doch das einzige, was man sagt “we need no borders” ist. Dafür aber den kleinen Satz über das Trinken weglässt. Dadurch wird es irgendwie missverständlich, weil ich sowas echt klarer formulieren würde; um das Missverständnis vorzubeugen.
Analstahl haben jede Menge Spaß, Spielfreude und einen guten Sound. Die ganze Platte ist Punk. Wilde Ideen “entschleunigung“… wenn das Live genauso gut ist, her damit.
Der Titel der Platte “pillepalle gemüsenhalle” ist Bombe. Zwei Seiten: Analseite und Stahlsaite. Teils auf Englisch, teils auf Deutsch gesungen.
Klare Ansagen gegen Deutschland, Umgang mit Flüchtlingen im Mittelmeer “reckete statt raketen”. Ebendieser Song hat, im Gegensatz zu vielen anderen, abwechslungsreichen, dann mal etwas Repetetives. Erinnert mich an “eisbär” von Grauzone.
Dadurch habe ich das Gefühl, dass Analstahl ganz geschickt bei andern Bands auch Abschaut. Vielleicht findet das der geneigte Hörer.
Die ganze Platte macht mir große Freude. Ist eine ernstgemeinte Freude!
Sie nennen es selbst Speedpunk, sie drücken da auch eben ordentlich aufs Gaspedal wenn sie “pogo forever” spielen – (Abstand vom Abstand, Abstand von der Welt) – ich mag Misanthropen, ich mag diese Platte, sagte ich das schon.
Kriegt ihr bei Gutfeeling Records via Bandcamp.