Nun also in diese Zeit der Weihnachtstage hinein, der kreolische Friedhof des französischen Duos Bonbon Vodou. Entgegen unserer Gepflogenheiten ist der Umgang mit den Toten in anderen Teilen der Welt deutlich verschieden zu uns. Hier scheint es eher eine Party zu sein, die sich über 13 hervorragend instrumentierte Songs und vier Vinylseiten verteilt.
Ich kann den Texten nicht folgen, habe aber mal recherchiert und übersetzt und festgestellt, dass Bonbon Vodou textlich eher bedeutungsvoll und inhaltschwer sind. Trotz der fröhlichen Musik, singt man über den Tod, die Auswüchse des Extremismus, Gewalt in der Ehe und Religion. Oriane Lacaille führt in “Si Rogré”, meinem Lieblingssong von “Cimetiére Créole”, einen Dialog mit einer Vorfahrin, die Sklavin war und deren Anwesenheit sie gespürt hat. Mit einer engelsartigen Stimme nimmt sie uns mit in eine andere Welt. Beschwörende Gesänge wie aus einem anderen Universum begleiten sie dabei. Der Albumtitel “Cimetière Crèole” beinhaltet dieses Nebeneinander von Leben und Tod, von dem Bonbon Vodou singen.
Der “Cimetière Créole” ist der schönste Piraten-Friedhof auf La Rèunion (schaut euch mal Bilder im Netz an – herrlich). Er liegt direkt am Indischen Ozean, an einem schwarzen Strand und sieht aus wie für einen Grusel-Thriller gebaut. Diese Kulisse vor Augen und einen guten Südsee-Rum im Glas, eine Zigarre genießend, kann man sich von Bonbon Vodou in eine Welt der Piraten und Freibeuter entführen lassen.
Aber Bonbon Vodou haben auch eine politische Botschaft. Wie eine stetig wachsende junge Musikergeneration wollen sie die Schmach der Kolonialismus wenigstens in eine heute gleichberechtigte Versöhnung überführen.
“Cimetiére Créole” ist das zweit Album des Duos und wurde von Piers Faccini und Jean Lamoot produziert. Noch mehr als bei ihrem Debüt “African Discount” aus dem Jahre 2017, versuchen Bonbon Vodou französischen Chanson und kreolisch-afrikanische Rhythmen und Melodien zu verbinden. Bei Bonbon Vodou sind die beide Mitglieder Organe Lacaille und Jérémie Boucris für Musik und Text verantwortlich. Typisch ist für Bonbon Vodou die reduzierte Besetzung: Gitarre, Ukulele uns Gesang – dazu vielschichtige Percussion, gerne mal auf Olfs oder Blechkiste.
Auf der Basis des Rezepts, werden der okkultische, kreolische Sound erzeugt. “Cimetiére Créole” geht dabei sehr subtil vor. Hier wird ein hauchdünnes Netz zwischen Saitenklängen, Selfmademan-Percussiis, beschwörenden Gesängen und Verweise aus den afrikanischen Naturreligionen gesponnen, klebrig und schwer zu verlassen. Man findet immer wieder Elemente aus Séga und Mayola auf.
Die Verteilung der Songs auf vier Albumseiten begrüße ich immer, da sich dadurch in den einzelnen Stücken eine erhöhte Dynamik abbilden läßt. Speziell bei guter musikalischer Handarbeit zahlt sich das aus. Ansonsten ist das Äußerliche von “Cimetiére Créole” einwandfrei. Ein liebevoll gestaltetes Cover in Form einer Fotocollage, die sowohl das Duo, als auch im Dschungel lauernde, finstere Gestalten zeigt. Die Innensleeves präsentieren mit farblich ansprechenden Hintergrund stolz alle Texte und sonstigen relevanten Angaben. Da bin ich sehr fein mit. Erschienen ist “Cimetiére Créole” am 12. November 2021, also mitten in eine Stimmung, die dem Album wunderbar entspricht.
Ich bin ehrlich, Bonbon Vodou haben mich mit “Cimetiére Créole” in der Tat vor eine Herausforderung gestellt, dass es lange gedauert hat, bis ich mich mit dem Album “Cimetiére Créole” anfreunden konnte. In der Tat ist Gesang und Musik ein wenig fremd für unsere Ohren, hat aber diesen beschwörenden und filigranen Charakter, dem man kaum entkommen kann. Ist kreolische Musik mit leichtem Voodoo-Touch was für euch? Hier geht es zur Bestellung.
Bonbon Vodou findet ihr hier im Internet