“amsterdam of the universe its a good town to hang around
and meet someone and have some fun”
dada pogrom in “Amsterdam of the Universe”
kolophonium – prolog
Eigentlich sollte als Ergebnis für die Suche nach dem Genre Minimal Wave, Dr. Kernkrach aka Jörg Steinmeyer erscheinen. Was der Meister in diesem Genre schon erreicht hat und aktuell noch realisiert, ist bewundernswert. Ja, ich kenne Jörg persönlich und bin möglicherweise befangen, aber alle bisherigen Veröffentlichungen beim vinyl-keks – und das sind duzende Beitrage – waren immer geprägt von hoher Qualität, Kreativität und einer nicht versiegenden Energie für die Sache. So etwas habe ich in meinem Leben selten erlebt. Für mich ist er der OBI WAN des Minimal Wave.
Ruckedigu – Blut ist im Schuh: Wer jetzt dem Schreiber dieser Zeilen, dem Qualitätsstandard: Kernkrach und dem Künstler DADA POGROM vertraut, sollte schon mal vor dem Weiterlesen bestellen, denn das Vinyl wird definitiv keinen Staub in den Regalen ansetzen. Im Kernkrach Store läuft “Kolophonium” gut an. So bleibt noch die Bandcamp-Seite von DADA POGROM oder auf der Homepage von beatkamp wo man sein Glück versuchen kann.
kolophonium – Debüt
Zum Hintergrund: “Kolophonium” erschien bereits 2015 als Vinyl mit der Kat.-Nr. Hertzø45 auf Hertz-Schrittmacher, einem Sub-Label von Kernkrach-Records. Anfangs nach schleppendem Verkauf, stieg nach Live-Auftritten in Canada, Frankreich und Reykjavik, der Heimat von DADA POGROM, die Nachfrage und die Platte wurde zu einem Klassiker.
kolophonium – Neu-Auflage
Durch die Freundschaft von “Kenny” Kenneth Walter Balys, das gemeinsame Musizieren der beiden, entstand der Gedanke und dann die Idee, “Kolophonium” nochmal zu veröffentlichen. Einziger Vorschlag zur Änderung von “Kenny”, war ein Wechsel des Covers (das Cover des Debüts seht ihr in den Fotos – mit Widmung!), damit sich das Artwork vom Debüt unterscheidet.
So entstand wieder ein wahres Kunstwerk aus dem Hause Kernkrach! Tolles Cover, transparentes Vinyl im bewährten 180g – Format. Das Album hat drei verschiedene Siebdruck-Cover, handnummeriert und sogar eine extrem limitierte Edition mit T-Shirt(!). Insgesamt drei farbige Vinyl-Varianten: Kupfer (T-Shirt-Edition), blau und anthrazit.
Dazu zwei nette Beilagen: einen Ausschnitt aus einer alten Sonntagszeitung aus Island sowie die Geschichte zum Song “jean of peterhead”. Zwei absolut authentische und originelle Gimmicks (YPS-Leser von früher erinnern sich).
An der damaligen Produktion aus dem voll analogen Studio in Reykjavik wurde nichts verändert. Ebenso hielt man an dem ursprünglichen Tracklisting fest. Beides richtige Entscheidungen.
kolophonium – dada pogrom
DADA POGROM ist im Vinyl-Keks kein Unbekannter: unter dem Synonym “Pertrix Werke” hat er mit Jörg Steinmeyer eine wunderschöne 7 inch veröffentlich. Schon davor hatte DADA POGROM einen Song zum Sampler “Mini-Roboter 2” beigetragen.
Der Gründer von DADA POGROM und einziges festes Mitglied ist “Kenny” Kenneth Walter Balys. Er ist Informatiker mit Spezialisierung auf Kino und elektronische Musik und produziert und spielt seit 1981 elektronische Musik. Er nutzt sein technisches Wissen aus seiner langjährigen Arbeit in der Luftgeophysik und Nachrichtentechnik, um Kunst zu machen.
kolophonium – das Album
deposuit potentes de seid et exaltavit humiles
dada pogrom in “magnificent”
Gleich der Opener “magnificent” fesselt den Hörer an das Album “Kolophonium”. In bester Italo-Pop-Manier lässt DADA POGROM hier die Tasten klingen. Zum Text, sucht eine sehr eingänige Melodie sich den Weg in die Gehörgänge der Hörerschaft und nistet sich als Untermieter ein. Text übrigens in Latein.
Das Echo im Kopf ist noch nicht verhallt, da ballert DADA POGROM mit “phenoplast” das nächste Geschoss in Beine und Gehör. Ein unruhiger Beat wird durch eine zuckersüße Melodie konterkariert, während sich wabernde, schwerelose Klangteppiche aus den analogen Synthies scheinbar selbständig lösen und durch den Äther schweben.
“Amsterdam of the universe” beginnt sehr nahe an “Blue Monday” von New Order, ist aber ein Beispiel wie DADA POGROM an die Songs herangeht. Unterkühlt, analog, innovativ und kreativ besingt DADA POGROM die Vorzüge der niederländischen Metropole.
“kunststoff” der nächste Song sprüht vor Ideen, Melodien und Kreativität. Hier lässt DADA POGROM die Synthies mal an der langen Leine freien Galopp und philosophiert dabei mit metallener Stile in Deutsch über Kunststoff.
“The Greenland Sea, the men of Jean their job it was to go To feed the hungry children awaiting them at home” dada pogrom in “the jean of peterhead”
“the jean of peterhead” behandelt die wahre Geschichte des Verlustes des Schiffes “Jean of Peterhead” unter der Führung von Kapitän Minto im Jahre 1826, bei der es zu Toten kam. Kann man im text der Beilage nachlesen.
“Kolophonium” das Titelstück ist ein treibendes Instrumental, was die Hörenden auf eine sanft schwebende Reise durch kühle, dunkle Landschaften mitnimmt. Treibende, scheinbar illuminierende Eisscholen im Gegenlicht des Abends sind vielleicht ein mögliches Kopfkino.
“psycho girl” ist wieder so ein Brett, dass im Text immer wieder den Titel in die Hirnrinde ritzt und dessen Beat einfach erbarmungslos nach vorne schiebt. Dazu veredelt DADA POGROM mit transzendenten Klanglandschaften den Song.
Mit “die deutschen Litauens” entlässt uns DADA POGROM in die kalte, klare Luft einer Frühlingsnacht in Reykjavik. Die innovativen, minimalen Melodien und harmonischen Arrangements erzeugen mir auch beim x-ten Mal Gänsehaut und ich bin wieder auf booking.com und suche nach Flügen mit Destination Iceland! Sehnsucht pur.
kolophonium – abgehört
“Kolophonium” von DADA POGROM war und ist ein Nordstern, ein Album, was die klassischen Konventionen herausfordert und den Hörer in faszinierende Musiklandschaften führt. DADA POGROM hat eine erfrischende und innovative Art seine analogen synthetischen Kameraden zum Schwingen zu bringen.
Hier wird mutig experimentiert, aber auch die klassischen Elemente des Minimal Waves kommen ans Ohr: schöne, reduzierte Arrangements, smoothe repitative Beats, die schonungslos in Hirn und Beine gehen.
Ganz im Minimal Wave aufgehoben, läßt DADA POGROM seine faszinierende Ästhetik des Analogen und Elektronischen freien Lauf.
Ich empfehle euch, falls ihr stolze Besitzer des Albums seid, hört euch das Album in einer erhöhten Lautstärke an. Wenn die Nachbar sich melden – den Regler noch ein wenig nach rechts! Die Produktion ist der Wahnsinn, alles klingt transparent, klar, warm analog und doch körperlich und dynamisch.
“Kolophonium” ist ein echter Nordstern des Minimal Wave
Lagartija Nick
Tipp: DADA POGROM ist in diesem Jahr noch live zu sehen.
Save the date: Allendorf in der Leserille am 14.10.2023 ab 19 Uhr. Never miss that Beat!