Interview mit Liza Dork zum Release des neuen Die Dorks Albums „Geschäftsmodell Hass“
Arnica: Hi Liza.
Liza: Schönen guten Abend! Alles klar?
Ja, und selber?
Ja, bei mir auch. Ich habe gerade ein bisschen Booking gemacht und ich bin gut gelaunt, weil ich letzte Woche endlich damit starten konnte, unsere neuen LP´s zu verschicken. Gab leider etwas Ärger mit der Spedition, so dass sich die Release der Schallplatten um ca. einen Monat verschoben hat.
Oh je, was ist denn passiert?
Die Spedition hatte die erste Lieferung im Regen stehen lassen und es ist alles nass geworden und durchgeweicht. Zudem wurde auf den Platten irgendwas mit einem Stapler abgestellt, sodass natürlich alles beschädigt und zerdeppert im September beim Label ankam. Das hat sich für mich erst mal alles angehört wie ein schlechter Witz, aber da es sich um einen Versicherungsschaden handelte, konnte das Label zum Glück umgehend eine Nachpressung in Auftrag geben. Jetzt kann man auch das Vinyl bei uns im Shop bestellen, da das Album ja bereits am 22. September 2023 digital und auf CD erschienen ist.
Seid ihr denn noch beim selben Label wie beim letzten Album „Die Maschine von morgen“, also bei Coretex Records?
Wir sind jetzt bei Demons Run Amok Entertainment und im Vertrieb bei Soulfood/Believe gelandet. Wir haben das zum ersten Mal über dieses Label gemacht und hatten dadurch auch das Glück, an super Vertriebswege zu kommen. Auch wenn es mit dem physischen Release etwas Zeitverzögerung gab, hat mit den digitalen Veröffentlichungen alles super geklappt. Wir sind mit „Nein sagen“ sogar auf der „Klare Kante“-Playlist gelandet und sind sehr froh, dass wir in Sachen Promo mit Jo PR! und Artist M. S. zusammenarbeiten konnten. Wenn eine gute Promo im Vorfeld läuft, ist das eine gute Basis, dass die potentiellen Hörer:innen dann auch irgendwann zu den Livekonzerten kommen. Platten machen ist geil, aber live spielen ist das Geilste!
Ihr habt ja jetzt echt in 14 Jahren sieben Alben rausgehauen und mit „Geschäftsmodell Hass“ kommt nun das Achte. Das ist schon ordentlich! Du hast ja innerhalb deiner letzten Schaffensjahre auch eine Wandlung vollzogen. Hast du da noch mehr Änderungen im persönlichen und musikalischen Bereich bei dir festgestellt oder dir vorgenommen?
Ich war schon immer sehr selbstreflektiert und finde auch immer irgendwas an mir, was ich gerne verändern/verbessern möchte. In dem, wie man zum Beispiel im zwischenmenschlichen Miteinander aufeinander zugeht, wie man Konflikte löst und in einer Gesellschaft voll unterschiedlicher Individuen miteinander auskommt und voneinander lernt, statt mit dem moralischen Finger auf andere zu zeigen. In der Pandemie hatte ich viel Zeit nachzudenken. Ich habe aufgehört, Fleisch zu essen, lebe umweltbewusst und versuche grundsätzlich weniger sinnlose Scheiße zu konsumieren. Es geht immer bei einem selbst los und diese Worte möchte ich durchaus an gewisse Leute richten, die virtuell gerne andere durch den Kakao ziehen, weil sie vor 10 Jahren irgendwas Doofes gemacht haben, was sie heute nicht mehr tun würden. Die Betonung liegt auf dem „was sie heute nicht mehr tun würden“. Letzteres ist das, was zählt. Wir alle entwickeln uns im Laufe unseres Lebens entweder zum Positiven oder Negativen weiter und wenn daraus resultiert, dass wir am Ende des Tages verträglichere Individuen in der Gesellschaft sind, gibt es keinen Grund, alte Leichen aus dem Keller zu ziehen. Kümmere dich immer um das Hier und Jetzt, verändere dich erst mal selbst und kehre den Dreck vor deiner eigenen Tür.
Ich habe deinen Beitrag gelesen im Punk as F*ck Buch.
Da hast du ja auch gesagt, dass du dich weiterentwickelt hast, weg vom ständigen Saufen und Feiern und hast dir stattdessen lieber vorgenommen, mehr Zeit in deine Texte und Musik zu investieren, diese richtig gut auszufeilen. Das machen ja auch nicht alle.
Nein, manche hocken mit 35 in der Kotze und sind jedes Wochenende breit. Das wäre nicht meins. Morgens um 9:00 Uhr läuft bei mir die Kaffeemaschine, wenn ich nicht auf Tour bin oder Schicht habe. Dann mache ich meist was Organisatorisches für die Band oder arbeite an Songs.
Das kann ich total gut verstehen. Zu den Songtexten hast du ja auch im Buch geschrieben, dass du dich nach der Arbeit noch mal hinhockst und zwei Stunden daran arbeitest. Hast du an dieser Struktur und Arbeitsweise vielleicht inzwischen etwas geändert?
Nee! Bin Schichtarbeiterin schon seit 15 Jahren, da gibt es keine Struktur. Ich habe total unterschiedliche Arbeitszeiten, aber ich habe für mich immer so eine tägliche „To Do List“, die ich mir selbst setze. Auch wenn ich mal ´ne längere Schicht habe, eine Stunde üben ist Minimum, komponieren, texten, je nach dem, wonach mir ist. Manchmal gehe ich auch mit meinem Freund, dem Bons, der unser Schlagzeuger ist, noch mal in den Proberaum nach der Spätschicht. Und da ich auf dem Land wohne, ist es ja auch super easy. Wir stören hier niemanden, selbst wenn wir um 22:00 Uhr noch mal in den Proberaum gehen. Ich versuche aber mittlerweile auch immer mal wieder Ruhezeiten zu finden. Da ich der Typ Mensch bin, der gerne von morgens bis abends produktiv sein will, übernehme ich mich auch ganz gerne. Auf Dauer ist das nicht gut und ich versuche zumindest etwas Sport und Ruhephasen in meinen Tagesablauf zu integrieren, um gesund zu bleiben.
Anders kann man es wahrscheinlich auch gar nicht schaffen, dieses Pensum von der Menge der Alben her. Wenn ihr das schon im Dezember 2022 im Kasten hattet, wie viel Zeit hattest du seit dem letzten Album effektiv, um dieses jetzige Album fertigzustellen? Das ist ja nahezu in keiner Zeit geschehen.
Also von Frühjahr 2021 bis Frühjahr 2022 hatten wir ja weiterhin pandemischen Ausnahmezustand. Ich bzw. wir hatten also genug Zeit, um weiterhin an Songs zu arbeiten. Die Demos machen wir ja selber für uns. Wir schicken uns Aufnahmen hin und her, der Mark, unser Bassist und ich erarbeiten das Kompositorische. Bons ist dann gefragt, wenn es um den Groove geht. Wir schicken dann erst mal Grundlagen hin und her und arbeiten die Ideen dann final im Proberaum aus. Anfang 2022 haben wir auch noch eine Akustik-EP mit vier Songs veröffentlicht, damit uns die Decke in der Pandemie nicht auf den Kopf fällt. Peu à peu haben wir dann weiter an Ideen gearbeitet und uns Riffs hin- und hergeschickt.
Und was für Themen erwarten uns jetzt auf dem neuen Album „Geschäftsmodell Hass“?
Auf jeden Fall gesellschaftskritische Inhalte. Es ist wie immer Tiefgang mit dabei bei unseren Texten. „Geschäftsmodell Hass“ ist nicht mehr ganz so düster wie die Pandemie-Platte „Die Maschine von morgen“. Die neue Platte ist m. M. nach ein bisschen rockiger geworden und es sind auch mehr Nummern drauf, die live auch richtig knallen. Nicht ganz so experimentell, grooviger und lebendiger. Ich glaube, wir drei haben einen coolen Stil miteinander gefunden. Auch die Arbeitsweise entwickelt sich ja weiter, umso länger man zusammen in einer Band Musik macht. Wenn du selber mal den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr siehst und dein Bandkollege dir dann sagt: “Hey, guck, das könnten wir doch auch so machen“, dann empfinde ich das als sehr konstruktiven Arbeitsprozess.
Das hört sich doch gut an.
Es fühlt sich auch gut an, wenn eine Band sich gemeinsam weiterentwickelt und wir uns gegenseitig gut ergänzen mit unseren Fähigkeiten.
Habt ihr mit dem neuen Album schon eine Tour geplant?
Wir haben jetzt nicht wirklich eine eigene Tour geplant, weil wir festgestellt haben, dass es als mehr oder weniger mittelgroße Band nach Corona schon schwierig ist, alleine eine Halle vollzumachen. Deswegen waren die meisten Shows für uns in diesem Jahr gute Supportslots für größere Headliner, sowohl aus dem Punkrock/Rock als auch dem Metalgenre. Das läuft auch weiterhin ganz gut und die nächsten Shows sind im Vorprogramm von „Pro Pain“, „Tankard“ oder „Loikaemie“. Zudem spielen wir auf dem von der Wacken-Foundation organisieren X-Mas Metalevent in Chemnitz, wo wir unter anderem mit „Caliban“ und „Insanity Alert“ die Bühne teilen dürfen. Im Grund kann man uns eigentlich immer buchen, wir sind zeitlich das ganze Jahr flexibel, bis auf ein paar Ausnahmen zu buchen.
Also haben wir auch eine ziemlich gute Chance, euch live zu sehen?
Ich würde es auch mal cool finden, wenn wir irgendeine Band eine ganze Tour lang begleiten könnten. Das wäre halt schon nice, einfach mal zwei Wochen am Stück nichts anderes zu tun, als Konzerte zu spielen. Wenn eine Band oder eine Agentur Bock hat, uns als zuverlässigen Supportact zu buchen, wird sie es nicht bereuen. Wir sind total pflegeleicht, trinken das Bier im Backstage nicht weg, zerdeppern keine Hotelzimmer und nehmen keine Drogen. Wenn die Musik dann auch noch gefällt, gibt es eigentlich gar keinen Grund, uns nicht mitzunehmen. Nur die Kaffeemaschine sollte man bei uns nicht vergessen, sonst werden wir ungemütlich.
Habt ihr noch eine Release Party geplant?
Wir hätten am 23. September unsere Release mit den Kassierern in Osnabrück gefeiert. Leider wurde das Spektakel aber aufgrund von Krankheit abgesagt. Ansonsten stecken wir bereits in den Planungen für 2024. Ich mache wieder alles selber in Sachen Booking und warte im Moment auf sehr viele Rückmeldungen von den Festivalveranstalter:innen. Einiges steht schon, andere Gigs entscheiden sich im November/Dezember. Daumen drücken ist angesagt.
Und sonst so, habt ihr jetzt schon das nächste Album in Planung?
6 rohe Songs habe ich schon wieder geschrieben und viele Ideen, sowohl textlich als auch musikalisch, sind in Arbeit. Sobald wieder Zeit ist und mal keine Gigs sind, setzen wir uns gemeinsam dran, um an diesen Stücken zu arbeiten. Es könnte also sein, dass wir nächstes Jahr wieder ins Studio gehen. Aber jetzt will ich erst mal, dass wir die Platte, auf die wir so lange gewartet haben, auch so oft es geht, live spielen können und freue mich auf tolle Konzerte mit meiner Band.
Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn ihr mal nach Berlin kommt. Vielen Dank für das Interview.
P.S.: Ich stelle in meinen Interviews gerne eine Frage zum Thema Inklusion, das hat unsere liebe Nathalie aber bereits in einem anderen Interview für die Vinylkeks4Nepal-Reihe ausführlich getan. Deshalb habe ich es mir dieses Mal gespart. Nachlesen bei Interesse, was Liz zu diesem Thema beigetragen hat, könnt ihr hier.