Alte Punk Schule ist angesagt! Eine LP mit einem cool-trashigen Comic-Cover kloppen G31 aus Hamburg heraus. Das Bild zeigt Teile der Songtexte in naiven schwarzweißen Illustrationen, man sieht einen wandernden Punk, einen kotzenden Punk, einen mit einer Polizistin knutschenden Punk, eine Superheldin-Punkerin, ein Punk-Radiergummi und ganz viel anderen Punkkram. Alles versammelt auf, in und um der „Insel der versunkenden Arschlöcher“ und so heißt auch der Titel der Schallplatte, die beim hanseatischen und sympathischen Sterbt alle! -Label erscheint. Geiler Albumname.
Geil und punkig ist auch das restliche Artwork, denn der Platte wurde ein Klappcover spendiert, das Innere offenbart Einblicke in die Boulevard-Medienlandschaft, die die ein oder andere heiße Top-Story über die einzelnen Bandmitgliedern/Bandohnegliedern in großen Lettern ankündigen. Erinnert an alte 80/90er Fanzines, die mit Hilfe von Prittstiften und Omas aus der Arztpraxis geklauten Illustrierten schon damals dieses Stilmittel der Verfremdung benutzten.
Alte Schule ist aber nicht nur das Artwork, auch die Musik ist 80er/frühe 90er Punkrock, Deutschpunk. Ich persönlich hab so eine Spielart des Punk schon länger nicht mehr gehört. Und ich bin ein wenig zwiegespalten. Den ersten Song „Radiergummi“ mag ich vom Gitarrensound gar nicht, ist mir viel zu sägend und auch zu eintönig. Der zweite Song „Wir.Dienen.Nicht“ dagegen gefällt mir richtig gut, die Gitarre nicht durchgehend geschrammelt, die Variationen frischen den Sound deutlich auf. Auch textlich gehe ich mit der Leistungsverweigerung mit, das gefällt mir.
„Flaschenwerfer“ ist mir textlich ( Flaschenwerferpunk verliebt sich in Bullenfrau) und auch musikalisch zu deutschpunkig, wobei das zugegeben auf ’nem Deutschpunk-Album jetzt nicht so ein richtig fieser Kritikpunk ist.
Die Eindrücke der ersten Songs ziehen sich für mich durchs ganze Album. Es gibt Lieder, die find ich ganz gut, dann wieder gibt es Lieder, da nervt mich die Mucke , oder ich finde den Text etwas zu pubertär. Musikalisch gefällt mir „Grüner Jäger“ z.B sehr gut, aber den Text find ich unangenehm, witzig dagegen finde ich „Punkern gehen“ und „Negativ“, da machen sowohl Lied als auch Text Spaß.
Der Überhit der Platte ist für mich „Revolution spielen“, die Unterstützung die Sängerin Mitra dort von ihren Bandkollegen gesanglich erfährt, tut dem Lied richtig gut und lädt zum Mitgröhlen ein. Schöner melodischer Streetpunksong.
Auf die Dauer einer ganzen Platte ist die Stimme von Mitra etwas anstrengend, überschlagend, quitschig und auch schon mal schief. „Punkrock halt“ könnte mensch meinen und damit auch Recht haben. Aber mir persönlich ist es auf die Dauer etwas too much.
Das kann ich als Fazit auch so ganz gut so stehenlassen, es gibt echt paar gute Songs auf diesem Zweitlingswerk der Hamburger*innen , mir ist es auf eine gesamte LP-Länge etwas zu anachronistisch in Sound und Lyrik.
Freund*innen von altem, nicht perfektem, räudigen Punk sollten aber mal das ein oder andere Ohr reinwerfen. Könnte was sein. Live macht sowas bestimmt richtig Spaß, da werde ich wohl auch vorbeischneien, wenn sich die Gelegenheit bietet.
Die Platte kommt mit Textblatt und eine CD-Variante des Albums liegt auch noch dabei. Sehr cool.
In Punkmailordern oder direkt bei der Band zu erwerben.