„GRIND-Control to Major Tom”, so klang es zahlreiche Male in den letzten Monaten zwischen GRIND und mir (Lagartija Nick Redakteur des online-Magazins Vinyl-Keks). Die Idee der Band war es den Prozess der Erstellung des neuen Albums in Form einer Dokumentation, die bereits in 2022 begann und nun vor wenigen Wochen endete, mit den Lesern des Vinyl-Keks zu teilen.
Ein magischer Moment, der in den Vinyl-Keks-Archiven für immer als Highlight bleiben wird: statt das schwarzen Vinyls in unseren Händen zu halten, werden wir Begleiter der Reise von GRIND zu ihrem neuesten Album “Grace and Misery”. Ein Gefühl der Euphorie durchströmt unsere Adern, denn endlich dürfen wir hinter den Schleier der Entstehungsgeschichte blicken, die uns bisher stets verborgen blieb.
In einem mehrteiligen Exkurs entführen uns GRIND auf eine Odyssee, die unsere Sinne elektrisiert und unsere Neugier entfacht. Wir werden Zeugen dessen, was es wirklich bedeutet, im Studio “alles zu geben”. Die unermüdlichen Takes, die Momente des Zweifels und der Zusammenhalt, wenn die Dinge nicht nach Plan laufen – all das und noch mehr lassen uns GRIND miterleben.
Die schweren Vorhänge aus Samt und Schwere werden emporgehoben, und wir werden eingeladen, hinter die Kulissen zu schauen. Wir betreten das Studio, erleben die kreativen Prozesse der Bandmitglieder so nah wie nie und tauchen in ihre Welt ein.
Lasst uns den Rhythmus spüren, die Harmonie der Gemeinschaft, die Magie des Schaffens. GRIND haben die Tür geöffnet und wir sind herzlich zum Eintritt eingeladen.
Der Initialfunke.
Eins vorneweg, es gab nicht das eine Riff oder das geile Drum-Pattern, das zum Urknall für das zweite Album wurde. Statt einem erschütternden Big Bang, war es ein zartes Pflänzlein, das erst wachsen musste, um in Erscheinung zu treten. Aber lest selbst…
Bent, einer der beiden Gitarristen der Band erzählt in seinem breiten, nordischen Slang rückblickend, dass er sehr früh nach dem Debüt „Songs of Blood and Liberation“ wieder Ideen gehabt habe, wo er es schade gefunden hätte, wenn diese Ideen nicht im Proberaum gelandet wären. Er fand seine Ideen gut genug, dass er dachte, da müsse noch etwas kommen.
„… es sprudelte aus mir raus“,
beschreibt Bent die Situation nach dem Release von „Songs of Blood and Liberation“
Auch René, der zweite Gitarrist, hatte nach eigener Aussage, wieder einige Songs und Ideen ohne konkrete Verwendung auf Halde. Für Ulf, den Drummer, waren es neben den guten Reviews der ersten Platte, die er redlich genossen hat, der riesige Spaß mit seinen Kumpels wieder spielen zu dürfen und die Freude an der eigenen, selbst gemachten Musik, die für ihn den Ausschlag gaben. Für ihn stand schnell fest – Lasst uns weiter machen! Bassist Armin sprach sich im weiteren Verlauf dieser ersten Annäherungen und Sondierungen ebenfalls für eine Fortführung von GRIND aus.
In einem bandinternen Gespräch aller Mitglieder der Band fiel dann der Entschluss ein zweites Album in Angriff zu nehmen. Nun, ist das Aussprechen einer gemeinsamen Idee das Eine, das Umsetzen in die Realität etwas Anderes. Da die Lebensorte der Bandmitglieder sich über ganz Deutschland verteilen, war klar, das Projekt GRIND 2.0 funktioniert nur mit guter Planung. Also planten GRIND eine Folge konkreter Wochenend-Arbeits-Termine, um dem gemeinsamen Vorhaben einen Rahmen und eine gewisse Dynamik zu verleihen.
Die Choreografie der Kreativität.
Nach der Zündung, folgte eine der schwierigsten Phasen: aus kreativen Ideen mussten sich nach und nach Sounds, bestenfalls erst Songfragmente manifestieren, um zu entscheiden, welchen Pfad man weitergeht, wo man stehenbleibt und welchen Weg man am besten gleich verwirft. Ein vergleichbares Bild ist der Töpfer, der einer Eingebung folgend erste Handgriffe am nassen, formbaren Ton vornimmt, ohne zu diesem Zeitpunkt das fertige Produkt vor Augen zu haben.
Der erste kreative Schritt, das Songwriting startet in den eigenen vier Wänden. Die elektronischen Hilfsmittel der heutigen Zeit überbrücken dabei die räumliche Entfernung der Bandmitglieder. So wurden erste Ideen geteilt, besprochen, für gut oder schlecht befunden und weiterbearbeitet. Die straff geplanten Wochenenden sorgten dafür, „dass man auch nicht ewig an Ideen herumfeilt, sondern wenn der Song gut ist, dann bleibt man beim Ergebnis. Selbst wenn der Song nur zwei Minuten lang ist.“ Am Ende hat diese Vorgehensweise für eine enorme Effizienz an den Wochenenden gesorgt. „In der Tat“, so berichten GRIND, „ist man am Ende eines solchen Tages geistig und körperlich im Eimer, aber diese Art der Zusammenarbeit hat sich schon beim ersten Album bewährt“.
Die Arbeitswochenenden fanden bei Ulf statt, der in Ulm, im Süden von Deutschland wohnt. Das bedeutet für den Rest der Band einen nicht unerheblich Reiseaufwand. Die Entscheidung für Ulm ist nachvollziehbar: Ulf hat sich über die Jahre entsprechendes, technisches Equipment zugelegt, was die Band in die Lage versetzte einzelne Instrumentenspuren aufzunehmen. Wie Hausaufgaben in der Schulzeit, arbeiten die Musiker zu Hause an den Ideen und die Songs geraten bis zum nächsten Termin nicht in Vergessenheit.
„Zu dem Zeitpunkt, klingt das schon ganz amtlich.“,
wirft Bent mit Blick auf die Qualität ein
Ich bekomme die einmalige Möglichkeit dieses Vorgehen mittels eines Tondokumentes zu erleben und die Evolutionsstufen eines Songs zu hören. Er trägt noch keinen Namen, sondern nur einen profanen Arbeitstitel: „V5“. Ich bin tief beeindruck wie deutlich die Song-Struktur, Aufbau, Dynamik, Spannungsbogen, etc. zu einem so frühen Zeitpunkt vorhanden ist. Die Entwicklung von Stufe zu Stufe nimmt immer mehr ab. Es sind die Nuancen und Details wie Effekte (Gitarren-Delays, ein Piano-Intro oder ein bellender Hund), kreative Ideen, die als Kleinode einen Song veredeln.
In Teil 2 begleiten wir GRIND ins Studio und verraten interessante Details ihrer Arbeit.