Hans Uran ist Kühle Matrosen, die uns zum Jahreswechsel mit ihrem Album „1.982 km/h“ erfreuten mit ihrer Version des Minimal-Electro erfreuten. Für mich schließt sich der Kreis, aus dem Interview mit Jörg Steinmeyer, wo er sowohl Veröffentlichungen der Kühlen Matrosen erwähnte, als auch den Sampler, „Lieder, die kein Label wollte„, das fantastische, gleichnamige Album der Band En Suite Cabinet und jetzt die Singe von Hans Uran schon vorankündigte. Der Sampler und das Album der En Suite Cabinet sind hier im Vinylkeks ausführlich besprochen worden. Und so ist es uns ebenfalls eine Ehre die Single des neuen Superstars Hans Uran vorzustellen.
Ich hatte die wahnsinnige Ehre den äußerst scheuen Künstler in einem Interview ein wenig näher kennen zu lernen.
Wie verlief deine musikalische Karriere bisher?
Nachdem ich den Klavierunterricht bei Frau Schulz in Ganderkesee erfolgreich abgebrochen hatte, ging es stetig bergauf. Oma selig ermöglichte mir die Fortsetzung des musikalischen Weges mit einem ensoniq-ASR10 – advanced sampling recorder. Hatte eine bomben Effekteinheit, da entstand die Freude an schranzigen Klängen. Den Arbeitsspeicher habe ich damals regelmäßig zum Platzen gebracht, sodass die Kiste regelmäßig abgeschmiert ist. Irgendwann bin ich dann abgeschmiert und hab das Teil auf den Schrott gebracht. Ein Fehler, von dem ich mich erst 2019 wieder erholt hatte.
Meine Frau schenkte mir einige Korg Volcas, es folgten schnell eine 606 und was der gute Uli B. noch so als Wiederauflage am Start hat. Dazu Cubase und die große Arturia Vintage Collection. Die große Karriere nahm dann Fahrt auf, als ich endlich geschnallt hatte, welche Instrumente den richtigen Sound bringen. Dazu übergriffiges Verhalten bei Konzerten des fantastischen Andreas Dorau, der sensationellen Palais Schaumburg und der stage-melting Die Liga der Gewöhnlichen Gentlemen. Spätestens nach Doraus ikonischem Ritt in der Hanseplatte und auf der Hedi hatte ich mental bereits die Karriere im Kasten.
Aber wen interessiert meine Karriere? Kennt ja keiner. Also muss auch realiter was her. Und da war für mich völlig klar: Wenn ich jemals eine VÖ an den Start kriegen sollte, dann bei Kernkrach. Selbstverständlich kannte ich das Label, und da wollte ich auch hin. Zenit erreicht, würd ich sagen. Hoffen wir auf ein zenitäres Plateau.
War es ein langer Weg bis zur Veröffentlichung von „Prinzipielle Sicherheit“?
Der lange Weg war der innere. Man muss sich der inneren Kategorien und kreativen Schranken bewusst werden, in denen man sich unbewusst bewegt. Im Grunde geht es ja darum, sich selbst zu finden, um sich selbst ausdrücken zu können. Und vergiss die Zweifel, ob jemand den Stuff hören will. Dann kann es nicht echt werden. Einfach raus damit. Meine Freunde von endmusic, bei und mit denen ich schon als L.A.D.D.E. gerappt hatte, sagen immer: Einfach machen! Und genau so ist es. Und dann hab ich die Musi halt einfach an Kernkrach geschickt.
Klar, der Style ist schon ziemlich strange für die HörerInnen von NDR 8, aber so ist der Sound halt. Und dann können die Melodien halt auch mal n Nickerchen machen. Den Text zu „Prinzipielle Sicherheit“ habe ich nie geschrieben. Es ist direkt eingesungen. Gesungen (lacht)! Und klar, da ist viel von mir drin. Das Meiste davon
wird einem dann später erst bewusst. Und bei „Der letzte Gang“ (B-Seite der Single) ist es die Stimmung, die entscheidend ist. Der Song ist auch ehrlich bis auf die Knochen.
Hier eine Demo-Version.
Was macht Hans Uran im privaten Leben – falls da neben dem Strahlenschutzbeauftragten noch Zeit ist?
Hansi ist promovierter Psychologe und lehrt an der Medical School Hamburg einige Fächer in der Psychologie und der Kunsttherapie. Da halte ich mich ganz an Dr. Alban. It’s My Life. Nur mit Zahnarzt hab ich’s nicht so. Das macht schon mein großer Bruder – sublimierter Sadismus. Aber das geht ja auch akkustisch. Prinzipiell. Bryan Adams Platten sind dafür sehr geeignet. Deshalb habe ich keine. Aber es war ja nach dem privaten Leben gefragt. Ich liebe meine Frau, mache Musik und bereite mich mental auf einen Bühnenauftritt vor. Irgendwann muss es ja mal sein.
Wie geht es musikalisch weiter?
Es wird immer weitergeh’n, Musik als Träger von Ideen. Album ist auf jeden Fall Thema. Aber von nichts kommt nichts. Da kann man 100 Tracks am Start haben, wenn das alles nicht wirklich passt, dann wird das nichts. Und dann weht man einmal zwischen Tür und Angel über die Tastatur und hustet was ins Mic, und bazong: Das isses. Das muss einfach passen vom Feeling. Selbstfindung und -kongruenz wahrscheinlich.
Fühlst du dich als Teil einer Szene?
Morgens beim Szeneputzen vielleicht. Bisher wusste ich ja nicht einmal, dass neben den endmusic-Boys jemand ernsthaft auf den Stuff abfährt. Klar, Kernkrach, aber das waren für mich ja auch bloß Einträge bei discogs. Und Hansens Musi ist in Corona-eingeboren. Da ist nichts mit Szene. Ich glaub, ich werde mich demnächst mal wieder in eine Diskothek stellen, mich hinter einer Box verstecken und die Szeneluft filtern.
Hast du Vorbilder?
Ganz klar Andreas Dorau. Wenn der Mann warmgelaufen ist, bringt er eine so krasse Präsenz ans Mic, das hat mich sehr beeindruckt. Da war für mich klar, das will ich auch. Ich komme ja vom Dorf, von der 80er Wave-Welle hab ich man gerade an der Schießbude auf dem Herbstmarkt einen halben feuchten Schuh abbekommen. Eine große Inspiration war auf jeden Fall auch das Buch von DAF. Das hat mich wirklich unter Dampf gesetzt. Da konnte ich die Aufbruchsstimmung richtig für mich nutzen.
Lesen, freuen, ran an die Geräte. So war das mit Hans.
An dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank an Hans Uran für seine offenen und ehrlichen Antworten.
Da es noch kein aktuelles Video im Netz gibt, an dieser Stelle eine Demo-Version von „Prinzipielle Sicherheit“.
Der Song hat, wie gehört, viel von Hans Uran, eindringliche, düstere Vocals zu einem mid-tempo Elektro-Beat. Klingt ein wenig wie eine Soft-Version“ von DAF. Die Faszination ist diese dichte Atmosphäre, die Hans Uran in diesen Song einbringt. Der extrem tanzbare Beat wird wohl akzentuiert durch eingestreute Samples. Ohne Frage ein großes Werk, welches mit der Ästhetik und dem Charme sowie der Ironie der Anfang Achtziger Jahre daher kommt. Auch die aufwendige Verpackung der Single, spricht eine eigene Sprache mit wie viel Liebe zu Detail hier gearbeitet wurde.
Hans Uran ist also das neue (alte) strahlende Element im Kernkrach-Periodensystem. Der Song klingt wie ein Tape-Song aus den Achtzigern, der in unsere Zeit geschossen wurde. Natürlich klingt – wenn wundert es – den Kühlen Matrosen ähnlich. Charmant bekloppt – und das meine ich liebevoll – verbreitet „Prinzipielle Sicherheit“ den Charme der Walkman-Ära. Für den, der es mag und diese Art des Minimal Electro liebt, ist jedenfalls Spaß garantiert! Das limitierte Vinyl ist im Netzt bereits derartig gefragt, dass das Label Kernkrach deshalb nur eine Single pro Käufer*in abgibt. Also schnell zuschlagen!