Das Album “Retirement” der Band Kenneth Minor kam, und es war nicht ich, der sagte: “Das rezensiere ich!” Nein, es war meine Frau, die sagte: “Die Band kenn ich! Rezensier das!” So oder so ähnlich lief es im heimischen Wohnzimmer ab. Und meine Frau kannte Kenneth Minor wohl schon von einem Festival in Wiesbaden, das vor etwas mehr als 10 Jahren stattfand. Bei diesem kleinen, aber feinen Festival, dem Folklore-Festival, waren auch schon Künstler*innen wie Casper, Tocotronic, Klee, Virginia Jetzt!, Wir sind Helden, usw. Ich habe dann also die Platte für eine erste Runde aufgelegt und konnte dann auch nicht mehr damit aufhören der Musik, die Kenneth Minor macht, zu lauschen. Da meine Frau sagte, sie kenne die “Band”, konnte es also kein einzelner Künstler sein, was ich anfangs aufgrund des Namens vermutete. Es ist auch keine Band, die aus den Staaten, oder aus einem anderen Land kommt. Sie sind tatsächlich aus Deutschland – Wiesbaden. Herausgekommen ist “Retirement” digital am 02.09.2022 auf dem Düsseldorfer Label Unique Records.
“Retirement“ zeigt uns die ganze Bandbreite musikalischen Austobens und Ausflüge der Wiesbadener Band in unterschiedlichste Spielarten traditionsgeprägter Rockmusik, mit ein paar psychedelischen Farbtupfern hier und da, die sie in den letzten zwei Jahren geschrieben und eingespielt haben. In Verbindung werden diese instrumentalen Parts mit Texten verwoben, mal bewusst gegeneinander und auch harmonisch miteinander, in denen sie persönliche Geschichten erzählen.
Wir bekommen einiges geboten. “Retirement” besteht auch eigentlich aus den zuletzt erschienenen EPs “Down My Spine”, welche vier recht positiv gestimmte Songs inne hat. Dagegen war die zweite EP namens “Down In Our Hearts” das Gegenteil, da diese Songs dann eher mit den Themen “Tod”, “Vergänglichkeit” und “Abschied” zu tun haben.
Der direkt treibende und in Mark und Bein gehende Opener “Down In Our Hearts” startet mit einer Portion Blues. Das nachfolgende “Down My Spine” drängt kurz und knapp nach vorn, während „Always“ eher der Pop unter den zwölf Songs ist, aber auch auf die Tanzfläche bittet. Auf “From What We Know” bietet uns Bird Christiani neben dem Gesang auch eine Lapsteel-Gitarre, die zum Beispiel auch bei Element of Crime Einzug gehalten hat, oder im Genre des Americana auf den Bühnen dieser Welt gerne genutzt wird. Ein wilder Ritt wird uns bei “Crew Love’s Coming” mit rythmischem Drum-Beat und einer Kombi aus Chorus mit Punkattitüde, aber auch Gitarren serviert.
“When It’s All Gone” passt eher in den Country-Sektor. Mit den Nummern wie “Is This The World We’re Living In?” und “All Your Demons” stoßen Kenneth Minor auch mal ruhigere und nachdenklichere Töne an. “Tears Don’t Dry In Rainy Season” hat viel Tempo und geht ins Bein. “You” übernimmt mit eindringlichen Melodien, um schließlich an das finale “Pictures” abzugeben, das dann nochmal ein wunderbares Schmankerl in Form eines Flügelhorn-Einsatzes, gepaart mit getragenen Cello-Linien, für uns über hat. Florian Helleken, der die Drums bei Kenneth Minor gekonnt bespielt, ist auch Eigentümer eines eigenen Aufnahmestudios, den Hersbrooklyn Recordings. Und eben in diesen haben sie es sich gemütlich gemacht um “Retirement” erst als EPs und dann beide EPs bis zur Vollkommenheit als ein Album zu produzieren. Gemischt wurden die Songs von Hannes Plattmeier in den Londoner Ashfield Street Studios. Gemastert wurde dann schließlich von Hans Wagner in Wien bei SolidArt Mastering.
Ein für mich grandioses Album beziehungsweise grandiose Doppel-EP mit vielen schönen Wendungen! Und auch wenn “Retirement” vermuten lassen würde, dass die Band in Rente gehen könnte, so freue ich mich doch auf alles, was noch von dieser Band kommen mag!
Erwerben könnt ihr das Album im bandeigenen Bandcamp-Shop und bei JPC. Und auch bei eurem Plattenladen des Vertrauens!
Viel Spaß beim Hören und Entdecken!