Dialekte und Popmusik – das ist ein nicht immer ganz so einfaches Thema. Mir geht es jedenfalls so: Bands und Künstler*innen können in Sachen Sound, Attitüde und Texte alles richtig machen. Wird das Ganze dann aber in einer für mich nur schwer erträglichen Mundart vorgetragen, ist mein Toleranzlevel leider sehr schnell überschritten. Welche Idiome mich nun im Einzelnen bis aufs Blut reizen, möchte ich an dieser Stelle lieber nicht zu detailliert ausführen. Daher nur dieses: das Wienerische gehört definitiv nicht dazu.
Ich möchte sogar sagen: Wer mir seine womöglich nur mittelguten musikalischen Ergüsse mit einem ordentlichen Schuss Wiener Dialekt serviert, kann nicht nur auf Nachsicht, sondern auf ziemlich bedingungslose Sympathie hoffen. Womit wir bei Mocca Chung wären. Dessen Debütalbum „Oida“ klingt nämlich ganz unverkennbar nach Wien – und bietet doch noch einiges mehr.
Der in der österreichischen Hauptstadt aufgewachsene Multiinstrumentalist mit chinesischen Wurzeln zeigt, wie viel mehr Austropop sein kann, wenn man ihn mit einer ordentlichen Portion Weltoffenheit würzt. Die Songs sind nicht alle auf Wienerisch gesungen, es gibt auch englische und französische Passagen. Die Aufnahmen zu den elf Titeln sind in Peking und Graz entstanden und herausgekommen ist dabei ein entspannter, nachdenklicher und gleichzeitig eingängiger Sound, der irgendwo zwischen Wiener Schmäh und globaler Perspektive pendelt.
Dieser kosmopolitische Blick zeigt sich in Songs wie „China Pub“, der pointierte Einblicke gibt in die kulturellen Verbindungen, die Moccas Leben und Musik prägen. Der Song klingt genauso gemütlich wie der Titel vermuten lässt – und plötzlich ist man irgendwo zwischen den besungenen chinesischen Pubs und Wiener Beisln unterwegs.
Auch sonst lässt es Mocca Chung, der eigentlich Yuxin Zhong heißt, eher relaxed angehen. „Unaufgeregt“ dürfte hier in jeder Hinsicht die passende Beschreibung sein. Die Melodien sind eingängig und die Texte treffen zwischen urbaner Melancholie und Wiener Gschichten den dazu passenden Ton. In „Wien“ singt Mocca von seiner Liebe zur Stadt und ihrer manchmal überwältigenden Einsamkeit. Ein bisschen wehmütig, aber nie kitschig.
Fazit: „Oida“ ist ein eher introspektives Werk und eine musikalische Reise zwischen Kulturen und Gefühlen. Für mich hätte es an der ein oder anderen Stelle vielleicht doch noch etwas mehr scheppern, knarzen oder kratzen können – aber dafür am Ende noch auf den schönen Dialekt verzichten? Naa-aa!
Erschienen ist Mocca Chungs Debüt bei Tape Capitol Music. Die Vinyl kommt in einem schönen Asphaltsprenkel-Look daher und ist zum Beispiel direkt im Onlineshop von Tape Capitol erhältlich.