Spannende Band, Riverhead aus Kopenhagen. Einerseits passen sie absolut in gängige Punkrockkonventionen. Andererseits aber auch nicht. Dank diesem aufgeregten, im Vordergrund stehenden Bass lassen sie an ihre Landsleute The Movement samt derer positiv-stimmungsvollen musikalischen Herangehensweise denken. Das treibt schön nach vorne und auf die Tanzfläche. Und gerade auf dem Weg dorthin, verpassen einem die postpunkig-minimalistischen, vorzugsweise in Moll gehaltenen Gitarren zusammen mit den über und über destruktiven und aggressiven Vocals einen Schlag in die Magengrube. Da muss man sich erst mal setzen. Aber eben auch nicht an den Tresen, sondern in das dunkle Eck ganz hinten in der Kneipe. Ganz alleine.
Riverhead pushen dich hoch. Riverhead ziehen dich runter. Ein Wechselbad der Gefühle, welches ihr Zweitwerk “Cancer” in dir auslöst. Portland statt Portugal (passt hier gut wegen Wortspielerei und dann noch viel Sonne und gute Laune). The Estranged in noch trauriger, noch verzweifelter. Und doch wirkt “Cancer” wie ein Befreiungsschlag. Eine Platte, die dich gerade wegen ihrer miesen Stimmung aufbaut. Eine Platte, zu der man mitschreien kann, wenn es einem/einer danach ist. Ein paar gut platzierte Singalongs plus eine amtlich druckvolle Produktion machen das durchaus möglich. Gut strukturierte Songs helfen dir, nicht den Überblick zu verlieren. Songs wie Songfragmente lassen dich an anderer Stelle aber auch mal ratlos zurück.
Wie gesagt, Riverhead könnten absolut en vogue sein – und doch liefern sie uns schwer verdauliche Kost. Punkmusik fürs alleine sein, nur um danach feiern zu gehen. “Decisions to be made, don’t waste my time. Tick-Tock, time’s running out, don’t waste my time.” heißt es da im Opener “Time”. So viel Zweifel, Selbstzweifel, Unsicherheit, destruktive Sichtweise – und die Uhr läuft unaufhaltsam weiter. Oder ab. Lasst uns also am besten Feiern gehen. Riverhead laden uns auf ihre Art dazu ein. Minus und Minus gibt bekanntlich Plus.
Auffällig auch die langen Pausen zwischen den Songs. Riverhead geben uns Zeit, das eben Gehörte erst einmal zu verdauen. Um eine Entscheidung treffen zu können, wollen wir den Abend nun alleine mit “Cancer” verbringen, oder wollen wir doch noch raus und die aufgewühlte Stimmung positiv verwerten, denn jede Party könnte schließlich die letzte sein. “Tonight’s the night, we’re all going to die” (“Numb To The World”). Entscheidet also selbst für euch. Das große Finale “Karma” kann lediglich eine weitere Stütze für euch sein, rockt und schüttelt euch aber im Stile von Smoke Blow (Power) meets White Lung (Nihilismus) nochmal ordentlich durch.
Sounds Of Subterrania liefern uns “Cancer” in superschönem Artwork mit dezentem Prägedruck und einer Bildsprache, die den verzweifelten, destruktiven Charakter der Band perfekt in Szene setzt. Auf der ebenso erhaben gestalteten und bedruckten Innenhülle findet ihr all diese ungeschönten Lyrics nochmal zum nachlesen. Den Plattentitel selbst muss ich dagegen wohl kaum einer weiteren Textinterpretation unterziehen. Zieht euch warm an, zieht euch Riverhead aber auch auf jeden Fall rein. “Cancer” ist bereits seit Ende April u.a. bei JPC zu haben.