Seit geraumer Zeit ist es ja glücklicherweise nicht mehr zwingend erforderlich, einer Bewerbung ein Bewerbungsbild beizufügen. Zu groß sei die Gefahr, dass sich Personaler*innen zu sehr von der Optik, denn von der Qualifikation des/der Bewerber*in beeinflussen lassen würden. Ungut und deshalb eine gute Entwicklung.
Im Falle von dem aus New Jersey stammenden Ron Gallo allerdings fällt es mir zugegebenermaßen schwer, diesen lässigen, coolen, schnippischen Kerl, den man da auf Cover und doppelseitigem Inlay seines neuesten Solowerks “Foreground Music” optisch präsentiert bekommt, von seiner Musik – und somit von seiner eigentlichen Qualifikation – zu trennen. Ron Gallo. Den will man so gerne als Kumpel haben, mindestens um sich insgeheim mit ihm schmücken zu können.
Tja, persönlich dürfte es für die meisten von uns schwierig werden mit ihm anzukumpeln, seine Musik aber, die kann man sich zur Freundin machen. Ist überhaupt kein Problem, denn Kill Rock Stars bietet sie uns auf hübschi-orange Vinyl einfach so feil. Greift also eifrig zu und werdet Freund*In von “Foreground Music”. Ihr werdet es nicht bereuen, denn genauso wie ihr Urheber kommen die elf Songs des Albums samt ihrer vielseitigen Sounds lässig, cool und schnippisch (meint textlich mitunter augenzwinkernd zynisch) daher.
Das ehemalige Member der aus Philadelphia stammenden Toy Soldiers bietet uns hier ein knallbuntes Feuerwerk an verschiedenen Stilen, Ideen, Sommerhits und Songs zum Träumen und Schwelgen. Da ist rauszuhören: die Black Keys in einer mit Stroboskoplichtern beleuchteten Garage, Ty Segall in noch abgedrehter, Beck nebst einer funky Note, HipHop- und Elektroelemente, Firewater und die Fuzztones, Fuzzgitarren und Adam Green und ein bis mindestens zwei tolle Oasis-Refrains, halt ohne Starallüren. Und dies ist nur mal so eine Spitze-des-Eisbergs-Aufzählung. Bild, vor allem aber Qualifikation für und auf die Stelle “Platte des Jahres” passen hervorragend zum verlangten Stellenprofil und ihr solltet Ron Gallo unbedingt einstellen, besser aber auflegen.
“Foreground Music” macht mega Laune. Versprochen! Doch der Maestro war nicht allein zugange. Wie so oft bei Soloplatten war der Protagonist auch auf diesem Album nicht solo unterwegs. Chiara D’Anzieri, Jerry Bernhardt und Josh Friedman unterstützten Ron Gallo an diversen Instrumenten auf äußerst gekonnte Weise. Äußerst gekonnt bedeutet in diesem Fall, dass die Musiker*Innen jedem einzelnen der dargebotenen Stile ohne Punktabzug gerecht werden, sozusagen interdisziplinär unterwegs sind und damit auch aus jedem einzelnen Song das Maximum rauskitzeln. Was soll ich noch sagen, das Ganze ist einfach nur eine verdammt gute Platte und ich bin frisch verliebt!
“Should I get a haircut or just cut my whole head off?” Lieber Ron Gallo, mach mit deinen Haaren was du willst. Du bist doch jetzt eh schon eingestellt. Der Kopf aber, der bleibt gefälligst drauf. Dieses musikalische Geniegehirn brauchen wir hier noch – und zwar für lange, lange Zeit. Mehr davon, gerne auch in solch greller Aufmachung wie sie “Foreground Music” zu bieten hat. So, (Be)Werbung ist rum. ich mag Ron Gallo jetzt auch noch ein bis einhundert mal zuhören, ohne dass ich nebenher in die Tasten hauen muss. Nur ich und mein neuer Freund, ganz allein. Schaut mal z.B. bei JPC nach eurem Exemplar.