Ha, das hat sich schon lang keine*r mehr getraut, einen so glasklar auf Billy Idol zu machen. Schon nach wenigen Takten scheint eindeutig zu sein, was, oder vielmehr wer, bei Sinplus Trumpf ist. Aber dann, hoppla. Der nächste Song ist dann ganz anders und der Nächste auch. Und der Nächste und der Nächste. Hier ist wirklich für jede*n was dabei. Sinplus bieten auf ihrem neuesten Werk “Break The Rules” beinahe die gesamte Palette an allem, was nur irgendwie als “Alternative” bezeichnet werden kann. “You Get What You Give” hätten die Strokes nicht besser machen können, glänzt es doch mit einer schmissigen Gitarrenmelodie und einem stark an Julian Casablancas erinnernden Gesangsstil. Definitiv einer der Höhepunkte des Albums. “Escape” und der Titeltrack “Break The Rules” erinnern an The Vines, “Don’t Wanna Waste My Time” an The Cure und der Opener “Private Show (My RnR)” an den bereits genannten Billy Idol. Damit hätten wir gerade mal die ersten fünf der insgesamt zwölf Songs abgehandelt und natürlich, ihr ahnt es schon, könnten wir jetzt gerade so weiter machen. Will aber kein Mensch lesen.
Stattdessen lasst euch gesagt sein, entdeckt man bei näherem Hinhören doch so etwas wie einen roten Faden, der sich durch das Album schlängelt. Wave ist das Stichwort. Ja, “Break The Rules” ist vom Wave geprägt, nur dass dieser eben in verschiedene Macharten verpackt wird. Könnte man nach den oben aufgezählten Vergleichen nun dazu neigen, mit dem Finger auf Sinplus zu zeigen und sie wegen viel Kopiererei und damit einhergehend wegen mangelnder Eigenständigkeit tadeln, so lasst euch abermals gesagt sein, die gibt es sehr wohl. Denn auch wenn die Referenzen einem geradezu ins Gesicht springen, so ist es doch die Kunst von Sinplus, diesen allen den eigenen Stempel aufzudrücken und in ein einheitliches Soundgewand zu packen. Und wer all die genannten Bands in der Hand hält und sich nicht so recht entscheiden kann, was nun auf den Teller soll, der kann die quasi ökonomische Variante wählen und mit “Break The Rules” einen Allrounder auflegen. Damit kann man dann auch nur gewinnen, denn Ausfälle gibt’s tatsächlich keine. Sinplus liefern eine rundum gelungene Platte.
Nun noch zu etwas anderem. Infos über Sinplus zu finden gestaltet sich wahrlich nicht einfach. Da muss man Dr. Google schon ein bisschen mehr beanspruchen, um an Zählbares ranzukommen. Irreführend sicherlich auch die Schreibweise des Bandnamens auf Cover und Rückseite. Sin+ steht da geschrieben. Wie dem auch sei, letztlich konnte ich folgendes nützliches Wissen recherchieren. Dream Loud Entertainment tat etwas Gutes und veröffentlichte “Break The Rules” bereits im Mai diesen Jahres. Die Band besteht aus den eidgenössischen Brüdern Gabriel und Ivan Broggini, die Sinplus bereits 2009 ins Leben riefen. Und jetzt der Oberhammer: Sinplus traten einst für die Schweiz beim ESC an! Ganz ehrlich, ich weiß nicht, ob ich darüber lachen oder weinen soll. Ich kann nur eins sagen, würden bei dieser Gala des schlechten Geschmacks mehr – oder am besten nur – qualitativ hochwertige Bands wie Sinplus am Start sein, dann wär´ ich des ESCs größter Fan. Da dies aber vermutlich nicht passieren wird, bleibt die Tatsache der Teilnahme am ESC der einzige Makel an Sinplus, die mich mit “Break The Rules” ansonsten voll und ganz überzeugen.
Bandlogo und Artwork der Platte erinnern mich irgendwie an New Order und INXS. Auch das macht Sinn, schimmern diese beiden Bands schon auch immer wieder durch. Leider hält sich das Brüderpaar absolut bedeckt; man könnte fast schon ein Konzept dahinter vermuten. Kein Beiblatt und somit keine Texte und selbst ihre Gesichter verstecken sie auf dem Frontcover hinter ihren langen Haaren. Ansonsten wird an Linernotes nur geliefert, was man wohl pro forma liefern muss. Ist aber egal, denn sowohl abschließend, als auch wiederholend kann ich nur sagen: die Musik von Sinplus lohnt sich. Also ran an die Buletten, z.B. hier.