Alter Norweger! Da dreht es dir die Hörner auf dem Helm aber erstmal um. Ich habe ja schon einiges gehört und verkonsumiert, aber das hat wirklich mich durchgeschüttelt und gerüttelt. Fusion oder Jazz Rock ist erstmal was, watt der Bauer nich kennt und wo er skeptisch is, watt da gez auffem Teller liegt. Also erstmal ab und lernen, was es damit auf sich hat. Flugs den grünen Pullover vom Christian an und auf Recherche gegangen.
Fusion- oder Jazzrock oder Rockjazz war die Idee in den 1960ern, die jeweiligen prägenden Elemente der unterschiedlichen Musikstile zu mischen. Also die Intensität und der Rhythmus des Funk, die Härte und den Druck des Rocks, sowie die Raffinesse des Jazz. Hier sind ein paar Protagonisten für Nerds, die da weiterforschen wollen: Chick Corea, Weather Report oder der legendäre Frank Zappa. Ein stilprägendes Album aus dieser Zeit ist “Bitches – Brew” vom Meister Miles Davis. Durchaus hörenswert und empfehlenswert.
Man sollte noch wissen, dass beim Jazzrock alle Musiker gleichberechtigt sind, was in anderen Musikrichtungen vielleicht nicht gegeben ist. Ein durchaus fairer und christlicher Ansatz, der für mich auf den ersten Zuhörer so wirkt, als ob jeder Musiker, wann immer er sich berufen fühlt, ein Feuerwerk von seinem Instrument abfeuert, während der Rest der Kapelle versucht ihn bei seinem Versuch noch zu übertönen. So kommt es, dass neben den üblichen Verdächtigen, die mal ein Solo raushauen, dem Bassisten und Schlagzeuger ausreichend Freiraum zur eigenen Entfaltung gegeben wird.
Jetzt noch ein Zitat der Band, “Haben Sie sich jemals gefragt, wie es klingen würde, wenn Jimi Hendrix sich mit Deep Purple zusammentun würde, um wie Gentle Giant zu klingen, und dann kläglich scheitern würde, weil er in letzter Zeit zu viel Jazz konsumiert hat?”
So jetzt aber los – Soft Ffog liegt mit “Soft Ffog” auf und die Pfiffigen unter euch haben direkt gemerkt, dass das Instrumentalquartett sein Debüt nach dem Namen der Band benannt haben. Soft Ffog kommen aus Norwegen und sind auf einem neuen Sub-Label des für Jazz bekannten Karisma-Labels untergebracht.
Soft Ffog startet 2016 als einmaliges Konzert. Trotz des Erfolges kam die Geschichte nicht in Schwung, da die Terminkalender der beteiligten Musiker gut gefüllt waren. Aber alle gemeinsamen Auftritte schliffen aus dem Rohdiamanten einen Diamanten, so dass Bandleader Tom Hasslan im Jahr 2020 beschloss, dass die Zeit reif war, ihr erstes Album mit allen Eigenkompositionen von Hasslan aufzunehmen.
Die Band besteht aus Bandleader Tom Hasslan (Krokofant) an den Gitarren, Axel Skalstad (Krokofant) am Schlagzeug, Trond Frønes (Red Kite, Grand General) am Bass und Vegard Lien Bjerkan (WIZRD) an den Keyboards. Das Album wurde im Studio Paradiso mit Christian Engfelt als Toningenieur und Produzent aufgenommen.
Was kann man nun erwarten? Hier, auf “Soft Ffog”, windet sich das Quartett wie ein norwegischer Lachs zwischen den Genres hin und her. Das Ergebnis sind vier lange Instrumentals. Dabei wird nach Art der Norweger keine Gefangenen gemacht, alles auf Anschlag und alles in Vollgas. Klotzen statt Kleckern würden wir sagen. Jeder darf mal sein Instrument rausholen und zeigen, was er drauf hat. Die dabei entstehenden solistischen Einlagen sind durchaus irrwitzig. Tipp: hört dies Parts mal durchaus zwei Striche mehr Steuerbord. Das Erlebnis lohnt sich in der Tat.
Der Sound des Albums ist klasse und der aurale Footprint von Soft Ffog ist einzigartig, hat Zitate und Wurzel in den bereits erwähnten musikalischen Vorbildern, ist aber mehr im Jazz verwurzelt. Woran man das erkennt? An den ausgeprägten Soli und Improvisationen. Besser kann man diese nordischen Fabelwesen auch nicht beschreiben, die sich als vier Tracks “Chun Li”, “Zangief”, “Ken” und “Dhalism” auf dem Vinyl verewigt haben.
500 Kopien des Debütalbums gibt es in wunderschönem Orange Vinyl, auf denen je zwei Tracks pro Seite in Rille gepresst wurden. Wer Fusion oder Jazz-Rock mag, sollte zuschlagen! Wer das ganze als Herausforderung sieht, dito! Dem durchschnittlichen Vinyl-Keks-Hörer rate ich davon ab. Oder nur nach vorherigem Durchhören des Albums. Alle anderen – freut euch auf atemberaubende Gitarrensoli, knarzende Bässe, ausgeflippte Drums und überschallsschnelles Keyboardspiel! Mich hat vor allem der räumliche Klang des Albums beeindruckt. Fast kann man die Musiker greifen und orten. Daneben diese völlig durchgeknallte Freude und Musikalität, die dann allerdings doch auf Dauer anstrengend für meine Ohren sind.
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