Herrlich! Ich werde in meine Kindheit zurückversetzt. Schuld daran ist das Raumschiff Sula Bassana, das seine kreisförmigen Bahnen auf dem Album “Shipwrecked” durch fremde Welten zieht. Schon früher hat mich an den Science-Fiction-Filmen, -Serien und vor allem -Hörspielen das technische Geblubber vom Hightech-Interieur der Cockpits mindestens so fasziniert wie die entsprechenden Melodien, die zur Untermalung des Erzählten dienten. Dave Schmidt – seines Zeichens Captain der Sula Bassana – nimmt mich mit auf eine Reise durch die unbekannten Universen. Der Ausgang dieser dramatischen Reise wird dann sehr gefühlsbetont, das Raumschiff erleidet Schiffbruch und wir können nur hoffen, dass unser Astronaut noch gerettet wird und bis dahin das kosmische Album “Shipwrecked” in Endlosschleife hören kann.
Hier mal die techischen Werte: Sieben Tracks, 180 Gramm, orange-black-Vinyl, auf 500 Exemplare limitiert. Das ganze kommt als Zweitauflage von 2020 (nach Erstauflage 2016) im wunderschönen Cover mit einem überwätigendem Artwork. Die wirklich tolle Sci-Fi-Illustration stammt vom Nürnberger Maler Frank Lewecke. Ein Blick auf seine Homepage ist für Genre-Freunde ein Muss. Dave Schmidt, der “Godfather des modernen, zeitlosen Spacerock”, hat hier wieder mal tolle Sachen aus seinem Synthie-Instrumentarium im Maschinenraum zusammengebastelt und so lange an den Reglern gespielt, bis die astrale Sternfahrt so klang, wie Sternfahrten klingen müssen.
Und was mir am wirklich allerbesten an dieser Rezeptur gefällt, sind die Sequencer, die alten Drum-Machines und die verfremdeten Gitarren, die diesen warmen, gar nicht technisch unterkühlten Sound erzeugen. So blubbert und pluckert es die ganze Zeit aus dem Maschinenraum, während auf der Brücke die LEDs leuchten und der große zentrale Schirm auf das unbekannte Ziel der Reise ausgerichtet bleibt.
Die Message des Albums ist das Gefühl der kosmischen Reise mit dem vermeintlich technisch überlegenem Schiff. Alles in perfekter, teutonischer Kraut-Eletronik, geprägt von den Meistern wie Harmonia, Schulze und Göttsching, deren Zitate man an der ein oder anderen Stelle deutlich hören kann.
Auf Youtube habe ich leider kein Video gefunden, außer dem kompletten Album, so dass ich Euch den Opener “Moonbase alpha alpha” als Bandcamp-Track vorstellen möchte. Der Song startet mit schönen spacigen Collagen und Geräuschen und einem treibenden Beat, der keinen Zweifel daran lässt, dass es um einen Aufbruch geht. Gerade der Auftragssong als Startsequenz arbeitet mit Voice-Sampling, welches die Dramatik des Starts des Raumschiffes noch realer und lebendiger machen. Danach wird es sehr unterschiedlich – mal kurze, knappe Stücke oder Sequenzen. Dann wieder kurze, heftige Passagen, die die Passagier*innen ein wenig durchrütteln. Als Ausgleich dann aber auch tiefenentspannte, sehr ruhige Stücke, welche die Zuhörer*innen die Reise in vollen Zügen genießen lassen. Alles in allem schafft es Sula Bassana, einen tranceartigen Sound und Zustand zu erzeugen, der einen bis zum Ende nicht mehr losläßt.
Gemastered hat das Album die Krautrocklegende EROC, der unter anderem nah meiner Heimat in Hagen bei Grobschnitt tätig war und später als Mit-Begründer der Woodhouse Studios Bands wie Philipp Boa oder The Inchtabokatables erfolgreich produzierte.
Tatsächlich ist trotz des speziellen Genres das Album eine Kaufempfehlung für mich, da dieser Weltenflug wirklich funktioniert. Zudem kommt das Album als tolle Vinylversion. Gerade das detaillierte Cover lädt dazu ein, sich während der Songs in die eigene Reise zu vertiefen. Einfach herrlich. Das Ticket für den nächsten Flug gibt es hier und dann aber nicht wie los auf die Überholspur. Hey Captain Kirk, kennst du keine Lichthupe? Rechts rüber mit deinem interstellaren Schrotthaufen.