Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich beim Zuschlag bei der Platte sehr unsicher war. Was den Ausschlag gegeben hat, ist die Tatsache, das SVIN mit “Introducing” bei Tonzonen Records veröffentlich worden sind. Und aus dem Hause Tonzonen Records bin ich noch nie enttäuscht worden. Also mutig ans Werk und die Nadel abgesenkt in die Rille…
Da gerade das Wort durch alle Channel rast – WUMMS! Wenn nicht sogar Doppel-WUMMS!! Der Opener “Obelisk” rennt los und kennt keinerlei Grenzen. Das Saxophon schrillt und tobt, die Drums hämmern einen endlos Voodoo-Beat während noch ein paar Keyboards gequält werden! Das ist mehr als erwartet und einfach nichts für den durchschnittlichen Hörer:in.
Im Zusammenhang mit dem “Killer-Saxophon” sei der Song “Punklort” erwähnt. Wenn ihr mal hören wollt, wie es klingt wenn ein Saxophonist völlig die Kontrolle verliert, lege ich euch diesen Free-Jazz High-Speed-Ecstasy-Song mit ebenso rennenden Noiserock-Gitarren ans Ohr. Der gesamte Song versucht einen Beat einzuholen, der linksblinkend auf der Überholspur ist – So etwas habe ich noch nicht gehört! Klingt so die Hölle? Auch “Åring”, der Track vor “Punklort” geht stark ins Experimentelle. Ich höre einen zarten Hauch der Einstürzenden Neubauten raus, was Songtempo, Rhythmus und Klangfarbe angeht.
“Snake” ist völlig anders und nähert sich wie ein lauerndes Raubtier auf einem elektronischen Klangteppich. Ein heruntergedrosselter Beat klingt, als wolle er sich jeden Moment von der Leine los reissen. Erinnert mich von der Spannungskurve an die fantastischen Sunn O))). “From within” ist ein lupenreiner Synth-Song, der in die Dark-Wave Ecke passt und den Sisters of Mercy gut zu Gesicht gestanden hätte. “Herbalism” erinnert an …? Ja, an was eigentlich? Doch. Ich höre da die frühen Genesis – noch mit dem kongenialen Peter Gabriel – raus. Dazu noch Spuren des Klanghexers Brian Eno. “Herbalism” ist so ein herrlich breiter Song, der viel Spannung in sich trägt. Ein weiterer Beleg dafür wie groß die Bandbreite des Albums ist. Übrigens sind auch die Längen der neun Songs sehr unterschiedlich – hier geht das Spektrum von zwei bis neun(!) Minuten.
Ich denke jeder, der sich auf “Introducing”, das siebte Album des dänischen Trios, einlässt, wird seine musikalischen Vorlieben an entsprechenden Stellen raushören. SVIN haben mit “Introducing” ein Werk geschaffen, was voller Nuancen, Zitaten und Entdeckungsreisen ist. Innovativ und kreativ malen SVIN ihre Klangbilder auf eine breite Leinwand – fast in Cinemascope. Das Potpourri scheint dann durch den Mixer gejagt worden zu sein, um wieder neu zusammengesetzt zu werden.
Frei nach dem ehemaligen Innenminister de Maizière: “…ein Teil dieses Albums würde die Bevölkerung verunsichern.” Ein kleiner Rest aber, so Nischen-Hörer:in wie ich, die sich erstmal jeder Art von Musik mutig entgegen stellen, werden mit einem Hörerlebnis der Extraklasse belohnt. Speziell die orale Randgruppe der Liebhaber avantgardistischer, moderner und einfach mal origineller Musik werden auf ihre Kosten kommen. SVIN nehmen euch mit auf ihre Reise durch ihr Universum, bei der sie mit ihrem eigenen Sound Genres und Stile erkunden, verweilen und dann weiter ziehen, aber sich nie von Leitplanken einengen lassen. Und Achtung! “Introducing” macht keine Gefangenen.
Der kurze Weg zum Glück, führt euch hier lang. Das Vinyl kommt als auf 500 Stück (transparent orange) limitierte Auflage im Gatefold Cover, Insert (Abdruck der Lyrics von zwei Songs; der Rest sind Instrumentals) und Download-Karte.