So oder so ähnlich fangen sie an, die guten Rock’n’Roll-Platten. Mit einem simplen Riff. Zwei Akkorde für ein Hallelujah. Eingängig und für alle Zeiten unverkennbar. “It’s a long way to the top (if you wanna Rock’n’Roll) von AC/DC eröffnet das europäische Debütalbum “High Voltage” (in Australien war es “TNT” mit dem gleichen Opener) der Rockgiganten mit einem einfach variierten A-Akkord. Dä-Dä-Dän-Dä Dä-Dä-Dän-Dä und schon sind wir mittendrin, statt nur dabei. The Silver Shine, 2004 in Budapest gegründet, machen es auf ihrem neuesten Werk “Roadworn Soul” ähnlich, eigentlich genau so, nur halt andersrum. Also quasi Dän-Dä-Dä-Dä-Dän. Nun ist zwar anzunehmen, dass “Roadworn Soul” nicht ganz den Erfolg von “High Voltage”, The Silver Shine eben nicht ganz den Erfolg von AC/DC erreichen wird. Dennoch haben wir es hier mit einer guten Rock’n’Roll-Platte zu tun. Das wiederum zeichnet sich schon mit diesem eröffnenden Akkord ab.
Nun hat aber selbst der Rock’n’Roll vieles Verschiedenes zu bieten und The Silver Shine schlagen trotz ähnlichem Beginn einen anderen Weg als AC/DC ein. Spätestens mit Einsetzen des Stand-Up-Bass wird klar, Rockabilly is the way to go. In diesem Falle die einfache, also auch punkige Variante. Vielleicht auch so ein bisschen Psychobilly, auch wenn ich persönlich das am liebsten verdrängen mag. Ein wenig wie Tiger Army mit vorpreschendem Gesang, den sich Bassistin Krista Kat und Gitarrist Ati Edge einigermaßen gerecht teilen. Auch wie The Hormonauts, oder sogar ein klein wenig in Richtung Schaffhausen und The Peacocks schielend.
Never change a running system: simple Gitarrenriffs bilden grundsätzlich die Basis des The Silver Shine-Sounds. Und simpel kann richtig gut sein. Auch der beste Song des Albums, “Hi-Octane Rock And Roll”, funktioniert bestens nach dieser einfachen Formel. Ja richtig, wie der Songtitel bereits vermuten lässt, sind auch die Lyrics – ja einfach eben. Alle, die von Musikkomsument*Innen mindestens das Abitur verlangen, werden sich bei folgendem Songtext selbstredend die Haare raufen: “High – High – High Octane Rock And Roll – Roll – Roll. My Burning Heart Is Ready To Explode. This Evil Rhythm Has Infected My Soul.” Das wär’s dann auch schon. Noch Fragen? Gutes Entertainment muss nicht zwangsweise gut durchdacht sein und gerne zitiere ich an dieser Stelle Brian Johnson: “Es ist nur Rock’n’Roll. Es ist egal was ich singe.”
The Silver Shine liefern gutes Entertainment, jedenfalls für alle Fans von Social Distortion, über die V8 Wankers bis hin zu Mad Sin und für all diejenigen, die der Meinung sind, dass Brian Setzer es hier und da doch etwas übertreibt mit seiner Gitarrenaction. Einzig das Cover vom bereits x-fach gecoverten CCR-Klassiker “Bad Moon Rising” zählt definitiv nicht zu den besten seiner Art. Die dargebotene Version wirkt belanglos und hat den faden Beigeschmack, dass The Silver Shine unbedingt auf die zehn Songs fürs Album kommen wollten.
Nun fiel in diesem Review schon so oft das Wort “einfach”, bzw. sein Synonym “simpel”, da kommt es auf ein mal mehr oder weniger auch nicht mehr drauf an. Wir müssen noch über die Aufmachung von “Roadworn Soul” sprechen. Zwar gibt es die Platte, wie beim verantwortlichen Label Noisy Plastics Records üblich, in den abgefahrensten Variationen und mir liegt hier quasi die Standardversion auf wunderschönem Red Black Marbled-Vinyl vor. Verpackt ist das Vinyl jedoch “nur” in einem einfachen, meinetwegen auch simplen Pappeinleger. Kann man aber auch mal so machen, auch wenn dieses System eher von 7″-Veröffentlichungen bekannt ist.
Und nochmal einfach (simpel): das Artwork ist leider nichts Neues, erfüllt mit Karre, Schädel, Vintage-Mikro und Westernsaloonschriftzug aber sicherlich seinen Zweck und wird das Zielpublikum garantiert nicht unbemerkt vorbeiziehen lassen. Der gute, alte Rock’n’Roll. Schön, dass es ihn noch gibt. Am besten direkt bei Noisy Plastics Records. Viel Spaß mit The Silver Shine und “Roadworn Soul”.