In unserer Reihe Vinylkeks4Nepal lassen wir die Bands und Unterstützer:innen der beiden Benefiz Vinyl Sampler “Help4Nepal Vol.1“ und “Help4Nepal Vol.2 – United We Stand” zu Wort kommen. (Können hier käuflich erworben werden) Die Sampler waren zunächst als Nebenprojekt des The Madness Pogo Festivals entstanden. Zwischenzeitlich wurde daraus ein eigenständiges Projekt: Das Child8Project. In Kooperation mit STELP e.V. Stuttgart wird mit dem Erlös der Sampler Geld für den Bau einer Schule und eines Wassersystems in Kathmandu / Nepal gesammelt. Detailliertere Informationen zu dem Projekt findet ihr außerdem hier im Interview mit Sascha, einem der Hauptinitiatoren.
Auch Anna und Jenny sind auf dem zweiten Sampler mit ihrer Band 2xLeben vertreten. Im heutigen Interview erzählen sie uns unter anderem, wie sie sich gefunden und daraufhin beschlossen haben, zusammen “Eierstockpop” zu machen, wie es zu ihrer Teilnahme am Projekt kam und was die Pandemie für sie verändert hat.
Hallo ihr zwei, schön, dass ihr ein bisschen Zeit für ein paar Fragen habt. Wie lange macht ihr beiden schon zusammen Musik und wie kam es dazu? Habt ihr davor schon in anderen Bands gespielt?
Jenny: Ich hab Anna im “Ruhrpott” auf der Schaafenstr. in Köln singen gehört und ihr meine Visitenkarte gegeben. Daraufhin schrieb sie mir dann eine E-Mail und wir haben uns zum Songwriting getroffen. Das funktionierte sehr gut und wir beschlossen 2xLEBEN als Duo zu gründen und weiterhin zusammenzuarbeiten. Wir haben beide vorher und in der Anfangszeit von 2xLEBEN in weiteren Bands gespielt. In meiner ersten Band habe ich Schlagzeug gespielt und war 11 Jahre alt. Seither mache ich neben meiner Produzentinnentätigkeit immer auch aktiv in Bands Musik.
Anna: Genau, ich habe damals meist einmal im Monat im “Ruhrpott” gesungen und eines Abends war glücklicherweise Jenny im Publikum, das müsste Anfang 2016 gewesen sein. Ich singe seit ich denken kann. Ich komme ursprünglich aus einem sehr kleinen Dorf in Bayern (wir haben keine Ampeln. Das amüsiert Jenny immer sehr :D) und habe da schon immer mit meinen 3 Schwestern und Eltern Musik gemacht. Das erste Mal vor einem Mikro stand ich so mit 4 oder 5 Jahren. Ich bin als Sängerin (Studio + Live) und Schreiberin aktiv. Für 2xLEBEN, Solo und verschiedenen andere Bands/Künstler:innen. Als Frontfrau oder auch Backingsängerin, z. B. für Faiz Mangat, Moses Pelham oder Cat Ballou.
Wow, ihr habt ja echt schon eine lange und spannende musikalische Laufbahn, auf die ihr zurückblicken könnt! Erzählt uns doch bitte etwas über “Neulich mit Orchester”. Wie ist die Idee entstanden und gibt es diese wunderbare Musik auch auf einem Tonträger zu erwerben? Wird es eine Orchester-Tour geben?
Jenny: “Neulich mit Orchester” entstand aus meiner Master-Abschluss-Idee. Ich habe nach einiger Zeit noch einmal angefangen an der Hochschule für Musik und Tanz im Master zu studieren und da die Hochschule eine sehr renommierte Jazz- und Klassikabteilung hat, überlegten wir, wie cool es wäre, das auszunutzen und einmal ein “etwas anderes” Orchesterkonzert zu veranstalten.
Anna: Das ursprüngliche Konzert war mit 40-köpfiger Besetzung geplant. Vielleicht schaffen wir es ja noch einmal das durchzuführen, wenn Corona sich entspannt hat, aber eine Tour ist momentan leider nicht geplant. Einen Tonträger kann man aber natürlich bei uns persönlich erwerben. Einfach eine E-Mail an info@2xleben.de schreiben! 🙂
Das wäre schon sehr toll, wenn wir Euch mal mit Orchester noch Live erleben dürften (bis dahin bestellen wir einfach fleißig per E-Mail die Tonträger!). Ihr seid auf dem zweiten Help4Nepal Sampler “United We Stand” vertreten. Wie kam es zu eurer Teilnahme an dem Projekt, welchen Song habt ihr beigesteuert – und warum genau diesen?
Anna: Tatsächlich wurden wir einfach auf Instagram angeschrieben. Wir hatten vorher noch nichts von dem Projekt gehört, finden es aber übertrieben gut!!!! Da es ja ein Punk-Sampler ist, haben wir “Alle Alle Alle” beigesteuert. Der Song setzt sich mit sozialen Stigmata, Vorurteilen und veralteten Rollenbildern auseinander. Wir versuchen immer Problematiken witzig oder “feier-tauglich” zu verpacken ohne den Zeigefinger zu heben.
Jenny: Wir wünschen uns einfach eine reflektiertere Gesellschaft, die wirklich anfängt, etwas zu verändern. Menschen anstoßen etwas zu tun und etwas besser machen. Dasselbe macht ihr mit diesem tollen Projekt und da passt dieser Song sehr gut rein.
Das gelingt Euch definitiv mit diesem Lied, und die Orchesterversion ist auch ganz großes Kino!! Wie fühlt ihr Euch mit dem Gedanken, dazu beigetragen zu haben, Mädchen in Nepal z.B. vor dem Verkauf in Bordelle zu retten?
2xLEBEN: Wir sind sehr froh, zumindest einen kleinen Teil dazu beitragen zu können! Aber wie schrecklich ist es bitte, dass es sowas überhaupt gibt und ja auch nicht allzu selten…
Ja leider, und deswegen ist es so wichtig, immer wieder darauf aufmerksam zu machen und solche wunderbaren Projekte zu unterstützen. Wie hat euch (als Band und persönlich) die Pandemie Zeit bisher verändert? Wie beurteilt ihr die Entwicklung bezüglich der Kulturbranche, aber auch die sozialen Veränderungen?
2xLEBEN: Es hat ungefähr alles geändert. Wir hatten für 2020 coole Konzerte geplant – alleine das Orchesterkonzert und etliche CSD’s. Das fiel alles flach. Und auch jetzt ist Booking noch sehr schwierig. Anfangs haben wir viele Sessions online gemacht, aber das Feeling dabei ist schon anders. Man hat/hatte das Gefühl, dass die Kulturbranche teilweise nicht als sehr wichtig erachtet wurde. Viele wurden allein gelassen, vor allem auch die Leute hinter den Bühnen. Und die Entscheidungen warum Fußball oder Formel 1 stattfinden darf, aber dann größere Konzerte nicht, finde ich auch sehr fraglich bzw. überhaupt nicht nachvollziehbar. Ich habe auf jeden Fall das Gefühl, dass hinsichtlich sozialer Veränderungen die Kluft zwischen arm und reich bzw. vor allem in den Schulen deutlich größer geworden ist. Sozial schwache Familien haben deutlich mehr unter den Folgen zu leiden.
Ja, das Gefühl habe ich leider auch. Aus meiner Interviewreihe “MusInclusion” habe ich eine Frage von Lisa & David von Sit’N’Skate mitgenommen, die ich in dieser Interviewreihe als “Kernfrage” gerne allen Bands stellen würde, da ich denke, dass diesem wichtigen Thema bisher viel zu wenig Platz in der Szene eingeräumt wurde: Ist Euch bewusst, dass es Venues in Deutschland gibt, in denen Menschen mit Behinderung (in diesem Fall Rollstuhlfahrer:innen) kein Einlass gewährt wird (Begründung z.B. Brandschutz), d.h., dass sie vielleicht auch Eure Konzerte nicht besuchen können? Habt ihr Euch als Band schon mal mit dem Thema Ableismus (=Diskriminierung von Menschen mit Behinderung) in der Musikszene auseinandergesetzt?
Anna: Das war mir tatsächlich noch nicht bekannt. Krass, das Thema hat wirklich bislang viel zu wenig Platz bekommen. Gibt es dazu weiteres Material? Die genauen Begründungen dafür würden mich ja mal interessieren…
(Anm.: Auszug aus dem Interview von Sit’N’Skate von David: (…) In jedem kleinen Club, wenn er noch so wenig barrierefrei ist, gibt es immer irgendwie eine Möglichkeit. Aber sobald Clubs so eine Grenze von 1000 Leute erreichen, haben sie eben krassere Bestimmungen. In Berlin war das Argument immer ‚polizeibhördliche Anweisung‘, in Hamburg ist es eben ‚Brandschutz‘(…).)
Jenny: War mir tatsächlich auch noch nicht bekannt. Wir werden uns in Zukunft dahingehend bei Veranstalter:innen erkundigen, dass die Konzerte (wenn sie dann wieder stattfinden) für alle zugänglich sind. Ich habe mich mit Diskriminierung von Frauen in der Musikszene viel auseinandergesetzt, aber tatsächlich mit Ableismus noch nicht.
Toll, dass ihr so offen für das Thema seid! Gerne könnt ihr in unserer “MusInclusion” – Interviewreihe den ein oder anderen Erfahrungsbericht zu diesem Thema lesen (zu allen “MusInclusion” Interviews geht es hier). Zum Schluss wünsche ich mir als Tape-Girl von Euch noch eine Mixtape Playlist mit dem Thema “Eierstock Punk” – welche Künstler:innen oder Bands dürfen für Euch darauf nicht fehlen?
Jenny: In meiner Playlist wären auf jeden Fall (aber nicht nur Punk): Beach Bunny, Ideal, Jennifer Rostock, girl in red, Paramore, We Are the In Crowd, Claud, Martha Hill, Orla Gartland, Still Talk
Anna: Puuuuh, also bei mir auch nicht unbedingt nur Punk! Ein wilder Mix aus Jennifer Rostock, Flyleaf, Avril Lavigne und Billy Talent!
Vielen lieben Dank Euch beiden für das Interview und Alles Gute Euch, wir freuen uns schon, mehr von Euch zu hören!