In unserer Reihe Vinylkeks4Nepal lassen wir die Bands und Unterstützer:innen der beiden Benefiz-Vinyl-Sampler “Help4Nepal Vol.1“ und “Help4Nepal Vol.2 – United We Stand” zu Wort kommen. Diese können hier käuflich erworben werden. Die Sampler waren zunächst als Nebenprojekt des The Madness Pogo Festivals entstanden. Zwischenzeitlich wurde daraus ein eigenständiges Projekt: Das Child8Project. In Kooperation mit STELP e.V. Stuttgart wird mit dem Erlös der Sampler Geld für den Bau einer Schule und eines Wassersystem in Kathmandu/Nepal gesammelt. Detailliertere Informationen zu dem Projekt findet ihr außerdem hier im Interview mit Sascha, einem der Hauptinitiatoren.
Im heutigen Interview beantwortet uns Basti, Sozialarbeiter und Mitinitiator der Alternativen Gegenkultur Kusel, ein paar Fragen. Er erzählt uns etwas über die Hintergründe des von ihnen releasten “#IHaveADream – Gegen Jeden Rassismus” Soli-Samplers, ihren gegenseitigen Support mit den Macher:innen des Help4Nepal Benefiz-Samplers, und über seine Mitarbeit bei Kein Bock auf Nazis. Viel Spaß beim Lesen!
Hallo Basti! Stell Dich doch einfach zunächst einmal kurz vor: Wer bist Du, wo kommst Du her, welchen Bezug hast Du zu Punk und der Szene?
Mein Name ist Basti, ich bin 39 Jahre alt und Sozialarbeiter in Kusel. Punk höre ich seit meiner Jugend. Anfangs noch ziemlich beeindruckt von Deutschpunk-Bands, hab ich mich dann durch The Clash irgendwann für Punk weltweit interessiert und diesbezüglich auch für die verschiedene Richtungen der Szene. Punk war und ist für mich immer kritisch, unbequem, politisch und eine Subkultur, die für eine gesellschaftliche Veränderung und den Kampf für eine bessere Welt steht.
Eine gute Überleitung zur nächsten Frage, wenn es um den Kampf für eine bessere Welt geht: Was habt ihr mit dem Help4Nepal Benefiz Sampler zu tun und was könnt ihr über das Projekt sagen?
Ich finde Soli-Sachen immer super und freue mich, wenn Bands oder Menschen allgemein Stellung zu bestimmten Dingen beziehen. Ich sah den Sampler zum ersten Mal durch Zufall im Internet und bestellte ihn. Ein zweites direktes Treffen mit den Menschen hinter dem Sampler gab es beim Schlossberg Festival. Wir kamen am Infostand ins Gespräch und gaben ein paar unserer Sampler an sie weiter. Im Prinzip als Soli-Soli-Sache.
Und damit kommen wir zu eurem Projekt: Was genau ist die Alternative Gegenkultur Kusel, unter deren Namen ihr kürzlich den CD-Sampler “#IHaveADream -Gegen Jeden Rassismus” rausgebracht habt? Wie ist die Idee zum Sampler entstanden und welches Ziel verfolgt ihr damit?
Wir sind eine handvoll Leute, die es satt haben jedes Wochenende von Dorffesten, Discoabenden und Böhse-Onkelz-Partys zugemüllt zu werden und den Traum von einem selbstbestimmten Leben, einem Leben ohne Zwänge, einem Leben in Freiheit teilen. Wir wollen anderen Jugendlichen / Menschen diese andere Seite des Lebens aufzeigen, indem wir Konzerte, Festivals, Infoveranstaltungen, Lesungen, Parties usw. veranstalten. Das Highlight ist das jährliche “Kein Bock auf Nazis”-Festival.
Das alles soll im Rahmen des „Vereins“ Alternative Gegenkultur Kusel stattfinden. Wir kämpfen für eine alternative Jugendkultur, weil wir den „Kids“ auf den Dörfern einfach zeigen wollen, dass es fernab von ihrer Dorfidylle auch noch ein anderes Leben gibt – ein Leben, welches sich kritisch mit den aktuellen Zuständen der Welt beschäftigt. Ein Leben, welches null Toleranz gegenüber Faschisten, Rassisten, Antisemiten, Sexisten und Nationalisten aufzeigt. Ein Leben was für die Solidarität untereinander und für ein friedliches Miteinander einsteht. Momentan versuchen wir diese Projekte gerade im Schalander (Kneipe in Kusel) und dem alten Kino Kinett voranzutreiben.
Der Sampler geht zurück auf eine Soli-Aktion, welche wir für einen Pfarrer in unserer Region starteten:
Solidarität mit Patrick Asomugha! Gegen jeden RassismInus!
In Queidersbach (Landkreis Kaiserslautern) musste der nigerianische Pfarrer Patrick Asomugha nach Einbrüchen, rassistischen Anfeindungen, zerstochenen Reifen und einer Morddrohung die Gemeinde verlassen. Auch im Jahr 2020 ist Alltagsrassismus allgegenwärtig und es muss energischer denn je dagegen vorgegangen werden. Dieser Online-Soli-Sampler soll etwas helfen gegen dieses Ohnmachtsgefühl dieser rassistischen Kackscheiße und zugleich ein Solidaritätsakt sein. An dieser Stelle wollen wir uns solidarisch mit Patrick Asomugha und allen anderen Opfern von rassistisch motivierten Taten zeigen!
Daraufhin entschieden wir uns noch einen Schritt weiterzugehen und eine CD zu planen, die sich ganz konkret gegen Rassismus und Rechtsextremismus richtet. Die Idee für den Sampler war geboren und wurde innerhalb kürzester Zeit verwirklicht. Die Finanzierung lief über Crowdfunding und verschiedene Unterstützer:innen. Andreas Becker kümmerte sich dabei um Grafik/Layout und ich um Bands und Songauswahl.
Respekt für eure wertvolle Arbeit! Auf dem Sampler befinden sich massenhaft großartige Bands wie Feine Sahne Fischfilet, Pascow, Lulu&Die Einhornfarm, Alarmsignal, Akne Kid Joe…(im Grunde müsste ich hier jetzt jede Band beim Namen nennen…). Wie war die Resonanz der Bands und welche Erfahrungen habt ihr bei der Zusammenarbeit mit den Künstler:innen gemacht?
Wir haben nur gute Erfahrungen gesammelt 🙂 Viele der Bands haben schon bei uns gespielt oder es hat sich über die Jahre ein Kontakt aufgebaut. Durch meine Mitarbeit bei der Kein Bock auf Nazis-Kampagne oder unseres “Kein Bock auf Nazis”-Festivals sind da über die Jahre immer wieder Kontakte entstanden.
Und jetzt die wichtigste Frage: Wie kommen wir an den Sampler?
Der Sampler ist tatsächlich fast komplett verteilt. Wir haben noch ein paar Restbestände, die über AGKSampler@gmx.de bestellt werden können. Wir brauchen dann einfach die Adresse und freuen uns über ‘ne kleine Spende.
Na dann los, sichert euch einen der letzten Sampler, bevor er vergriffen ist und unterstützt diese tolle Arbeit! Tapes sind mein Lieblingsmedium und daher die Frage: Könntet ihr Euch vorstellen, auch mal einen Sampler auf Kassette rauszubringen? Und wenn ja, welche Bands würden wir darauf finden?
Witzig, dass Du das fragst… Der Sampler war vorher tatsächlich mal als Vinyl geplant, was aber finanziell schwierig umsetzbar gewesen wäre. Natürlich könnten wir uns diesbezüglich auch einen Sampler auf Tape vorstellen. Ich würde das gerne ein bisschen wie Joe Strummer bei seiner Joe Strummer’s London Calling Radiosendung halten und auf die Roots und Wurzeln unserer Szene eingehen.
Ansonsten wird es Ende Mai ein “Riot-Grrrl-Wochenende” in Kusel geben, wo wir eh gerade ein kleines Soli-Tape planen 🙂
Das klingt ja cool, da werden wir auf jeden Fall mal die Augen und Ohren offen halten, wir rezensieren ja auch Tapes 😉 An dieser Stelle formuliere ich normalerweise an Bands und/oder Künstler:innen die Frage, auf unsere Interviewreihe “MusInclusion” bezogen, ob sie schon Erfahrungen mit Ableismus (Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Behinderung) in der Musikszene gemacht haben. Ich würde die Frage für Euch gerne etwas abändern: Habt ihr Euch an den Schnittstellen, in denen ihr mit (Punk-)Musik in Berührung kommt, mal mit dem Thema Inklusion oder Barrierefreiheit auseinandergesetzt oder ist das ein Thema, zu dem ihr bisher eher wenig Bezug hattet? Was meint ihr könnte helfen, diesem Thema in der Szene mehr Raum geben?
Prinzipiell sind alle Themen wichtig, die Menschen unterstützen, fördern und helfen. Wir hatten auf unseren Konzis auch schon Menschen im Rollstuhl und es war absolut kein Problem. Ansonsten sollten wir den Menschen selbst etwas mehr Raum und Öffentlichkeit geben. Es gibt zum Beispiel im Saarland eine Band namens Muskelschwund mit Musiker:innen, die an dieser Krankheit leiden. Das heißt die eigene Krankheit bzw. Beeinträchtigung wurde mit der Band und somit Musik verarbeitet. Oder auch die Punkband Metzer58 aus Münster zeigt, dass es da keine Probleme gibt und Menschen einfach aufeinander zugehen müssen. Empathie und Solidarität sind natürlich enorm wichtig, aber es sollte einfach der “normale” Umgang mit den Menschen im Vordergrund stehen.
Die beiden von Dir genannten Bands stehen auch noch auf unserer “MusInclusion”-Wunschliste 🙂 Und am Schluss würde ich Euch gerne einfach den Platz geben, die Dinge loszuwerden, die ihr für wichtig erachtet und veröffentlicht sehen wollt, die ich mit meinen Fragen nicht abdecken konnte.
Unsere Szene muss einfach wieder verstärkt lernen, das Maul aufzumachen. Die Zeiten sind gerade sehr ätzend und viele komische Menschen sind in der Gesellschaft unterwegs. Es gilt mehr denn je, sich gegen Rassismus, Kapitalismus, Homophobie, Sexismus, Rechtsextremismus etc. einzusetzen und klar Stellung zu beziehen. Wir brauchen positive Meinungen und Solidarität mit Hilfesuchenden, Flüchtlingen und Menschen, die es schwer haben. Musik kann dazu ein Mittel sein 😉
In diesem Sinne: Refugees Welcome, FCK NZS, Alerta Antifascista!
Damit ist alles gesagt – Vielen Dank, lieber Basti für dieses tolle Interview und alles Gute für eure weiteren Vorhaben!