In unserer Reihe Vinylkeks4Nepal lassen wir die Bands und Unterstützer:innen der beiden Benefiz Vinyl Sampler “Help4Nepal Vol.1“ und “Help4Nepal Vol.2 – United We Stand” zu Wort kommen. (Können hier käuflich erworben werden) Die Sampler waren zunächst als Nebenprojekt des The Madness Pogo Festivals entstanden. Zwischenzeitlich wurde daraus ein eigenständiges Projekt: Das Child8Project. In Kooperation mit STELP e.V. Stuttgart wird mit dem Erlös der Sampler Geld für den Bau einer Schule und eines Wassersystem in Kathmandu / Nepal gesammelt. Detailliertere Informationen zu dem Projekt findet ihr außerdem hier im Interview mit Sascha, einem der Hauptinitiatoren.
Für das heutige Interview haben uns Apocalypse Vega (Gesang, Gitarre, Driver), Bene Diktator (Drums, Gesang) und Herr Bottrop ( Bass, Gesang, Fuzz) des “(…) halbakkustischen Nylon-Saiten Trio mit den drei Musikstilen Powerviolence-Folk, Kakophonie und Bindungsangst” Acht Eimer Hühnerherzen aus Berlin ein paar Fragen beantwortet. Sie sind Teil des zweiten Help4Nepal Benefiz Vinyls “United We Stand”.
Hallo zusammen, schön, dass ihr Zeit für ein kurzes Interview habt. Die klassische “Wie geht es Euch aktuell in dieser Situation” – Frage lass’ ich jetzt mal aus und fange an mit: “Wann habt ihr zuletzt geflucht und was war die Ursache dafür?” (Bitte O-Ton…)
Herr Bottrop: Im Straßenverkehr natürlich. Drängler. Landstraße, enge Kurve, hängt 20cm hinter unserem Rückfenster. Lichthupe und das ganze Programm.
Apocalypse Vega: Ich auch im Straßenverkehr. Landstraße. So ein richtig lahmer Typ vor mir. Mit so ’ner Mütze. Ich hupe. Dann Lichthupe und 20cm dicht dahinter. Und der Typ fährt weder schneller noch einfach mal rechts ran!
Bene Diktator: Ich hab gerade vorhin so richtig geflucht, als ich mir zum gefühlt 10.000sten Mal den kleinen Zeh an der gleichen Stelle in meiner Wohnung brachial angeschlagen habe.
Aua, jetzt fluche ich auch…Ihr seid auf dem zweiten Help4Nepal Sampler “United We Stand” mit eurem absoluten Ohrwurmgarantie-Hit- Song “Zement” vertreten. Worum geht’s in darin und wie ist er entstanden?
AV: Entstanden ist er, wie es ja auch im Text selbst zu hören ist, in Düsseldorf, nach dem letzten Konzert einer Tourschleife, nachts in der Bandwohnung.
HB: Für mich spielt die Handlung von „Zement” immer im Sommer, warme Nacht im T-Shirt. Bahnhöfe, Gärten, leere Fußgängerzonen. Ein Sommernachts-Albtraum, mit Träumen von verpassten Feiern und verlorenen Tickets. Und mit vergeigten verzweifelten Telefonaten.
BD: Ich muss an eine Fußgängerzone in Düsseldorf und an U-Bahnfahrten mit schwerer Backline und Blechschäden denken.
Das Projekt “Child8Project”, das hinter dem Sampler steht, unterstützt Kinder in Kathmandu. In Nepal schließen derzeit die Schulen wegen der raschen Verbreitung des Virus wieder. Das trifft vor allem Kinder aus ärmeren Familien, da sie oft weder die Geräte noch einen zuverlässigen Zugang zur Stromversorgung oder zum Internet haben, um am Fernunterricht teilnehmen zu können. In anderen Fällen müssen sie ihren Eltern bei der Arbeit helfen. Außerdem sind bisher erst 37 Prozent der Menschen mit zwei Dosen geimpft worden, da sich lange Zeit das Land nicht genügend Impfstoff verschaffen konnte, um mehr Menschen zu impfen. (Quelle: www.nachrichten.at)
Wie geht es Euch, wenn ihr so etwas lest und mit der Situation und der Entwicklung in unserer privilegierten Gesellschaft hier in Deutschland vergleicht?
AV: Scheiße.
HB: „Wie geht es euch?“ ist vielleicht die falsche Frage. Eher so „was kann getan werden?“
BD: Stimmt. Uns geht es ja hier zum allergrößten Teil sowieso immer gut. Auch wenn viele das scheinbar nicht wissen.
Ziemlich gut zusammengefasst. Welche Projekte / Initiativen würdet ihr gerne mal unterstützen (zum Beispiel eben in Form eines Sampler Beitrags, Auftritt auf einem Benefiz Festival etc.)? Findet ihr es wichtig, als Band eure Reichweite zu nutzen, um auf wichtige Themen aufmerksam zu machen?
HB: Ich bin da leider etwas ernüchtert und desillusioniert. Armut und Verelendung sowie du hier oben beschrieben hast geschehen ja auf den Ebenen von ganzen Landesteilen, Bevölkerungen, Staaten, Volkswirtschaften, Handelsrouten und sogar von Kontinenten. Eine Benefizaktion aus der winzigen Nischenszene eines kleinen “Popkulturellen Segments“ ist da leider nur der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein. Musiker und Künstler können kurzfristig die öffentliche Wahrnehmung auf ein bestimmtes Thema lenken. Sie haben aber so gut wie keinen Einfluss auf die konkreten Ströme und Ketten von Verwertung, Ausbeutung und Ausplünderung. Trotzdem bin ich immer und gerne für konkrete Benefizaktionen zu haben.
AV: Darum sagen wir auch bei Benefiz-Anfragen fast immer zu und unterstützen regelmäßig verschiedene Projekte!
Mein Herzensthema, auch bei Vinylkeks, ist die “MusInclusion” Reihe, in der es um Barrierefreiheit und Teilhabe in der Musikszene geht. Oft sind Locations nicht ausreichend barrierefrei und hindern somit Menschen mit Behinderung daran, selbstständig und ohne Begleitung am kulturellen Leben, in diesem Fall Konzerte, teilzunehmen. Auch im Alltag ist die Umsetzung von Inklusion bisher oft noch nicht ausreichend angekommen. Habt ihr Euch privat oder als Band schonmal mit dem Thema auseinandergesetzt?
HB: Nicht die Locations sind daran schuld. Ich möchte mal behaupten, dass es nicht einen einzigen Clubbetreiber in Mitteleuropa gibt, der nicht gerne alle Gäste in seinem Laden aufnehmen würde…Keine Location möchte Menschen mit Behinderung von irgendetwas ausschließen. Das Problem sind die Bauvorschriften und Denkmalschutz-Regeln, die häufig einen Einbau von Rampen und Fahrstühlen verbieten. Und die Feuerschutzvorschriften, die nur dann Rollstuhlfahrer in einem Gebäuden zulassen, wenn die Notausgänge eine bestimmte Breite oder Kapazität haben, was dann aber wiederum von den Bauvorschriften und Denkmalschutz-Vorgaben ausgehebelt wird…und dann alles wieder von Vorne.
AV: Ja.
Thema Konzert: Eure Tour mit dem grandiosen Namen “Wenn nicht jetzt, dann vermutlich ein andermal Tour 2022” ist ab April geplant. Bereitet ihr euch in irgendeiner Form vor (stanzt Konfetti mit dem Locher und macht Yoga) oder seid ihr eher entspannt bei Netflix & Chill, weil ihr mit “…dann vermutlich ein andermal…” rechnet?
AV: Unsere Vorbereitung ist natürlich Proben!
BD: Für Yoga bin ich viel zu ungeduldig. Kann´s kaum erwarten, dass es wieder losgeht.
HB: Wir sind immer und zu jeder Zeit startklar und ausgerüstet. Wir schlafen mit dem Instrument unter dem Kopfkissen. In Lauerstellung warten wir auf einen Anruf oder ein Zeichen. Wir halten ständig Verbindung. Mit Walkie Talkies. Und laufendem Motor. Wir sind Punkkonzert-Prepper. Wir sind bereit!
Haha, Bilder in meinem Kopf…Bitte schreibt hier und jetzt einen Hit-Songtext der folgende Wörter enthalten soll (jeder nacheinander 2 -3 Zeilen bitte): Anno dazumal-Zechpreller-Schnapsidee-Betthupferl-Ratzefummel-splitterfasernackt-Gefrierbrand-Buxtehude!
HB: Nee. Haha. Auf gar keinen Fall.
BD: Aus diesen Worten lässt sich allerhöchstens ein Hit für Menschen machen, die gerne Jägermeister saufend Aprés Ski-Partys feiern und sowas würde mir nicht mal im Albtraum einfallen.
AV: Kann ich nicht. Außer “Schnapsidee” sind alle der vorgegebenen Wörter hässlich. Da bin ich ziemlich streng.
HB: „Gefrierbrand“ find ich aber irgendwie auch schön.
Und am Ende, wie immer, wünsche ich mir noch eine Mixtape Playlist mit 5-10 Songs von Euch. Euer Tape trägt den Titel: “Hits gegen Bindungsängste”!
HB: Curtis Mayfield – Move On Up, Ramones – I wanna be your Boyfriend …
BD: The Beatles – Something in the way, Stray Cats – My one desire, Die Goldenen Zitronen – Diese Kleinigkeit
AV: Naja, wir – Sonntagslied
Vielen Dank für Eure Zeit, wir drücken Euch die Daumen für Eure anstehende Tour!