Heute erscheint eine weitere interessante Vinylsünde, denn dieses Mal ist Diana Ringelsiep an der Reihe. Diana hatte uns in einem Interview zu “Frauen im Musikbusiness” vor einiger Zeit schon einmal Rede und Antwort gestanden und um so schöner ist es nun, dass Sie uns auch ihre persönliche Vinylsünde hier vorstellt.
Um eure Frage gleich vorweg zu beantworten: Ja, es gibt auch Frauen, die Platten sammeln. Ich bin der lebende Beweis. Schallplatten begleiten mich schon mein ganzes Leben lang. Bei uns Zuhause wurde früher ausschließlich Vinyl aufgelegt. Das war ein richtiges Wochenendritual, auf das ich mich schon im Kindergartenalter immer riesig gefreut habe. Meine Eltern hatten eine ordentliche Sammlung, die von Elvis über CCR bis zu den Rolling Stones reichte und so ziemlich alles abdeckte, was in ihrer Lieblingsära – den 1960ern und frühen 70ern – von Bedeutung war. Meine persönlichen Favoriten waren die Singles „Let’s Have A Party“ von Wanda Jackson und „Chirpy Chirpy Cheep Cheep“ von Middle Of The Road. Rückblickend schon ziemlich bezeichnend, dass ich von all den Platten ausgerechnet die mit einem schwarzen Filzstift-„D“ markierte, auf denen eine Frau zu hören war. Da soll noch mal einer sagen, dass Vorbild gleich Vorbild sei und der Mangel an weiblichen Role-Models keine Auswirkungen auf kleine Mädchen habe.
Von meinem Konfirmationsgeld habe ich mir dann später meinen ersten eigenen Plattenspieler gekauft. Damals fing ich gerade an, Hip Hop zu hören. Also habe ich mir in meiner Euphorie auch direkt eine Platte von den Absoluten Beginnern und eine von Samy Deluxe angeschafft. Doch das neue Hobby wurde mir schon bald zu kostspielig, sodass ich wieder auf Tapes und (gebrannte) CDs umgestiegen bin. Rückblickend ärgert mich das natürlich, wenn ich an all die tollen Punkplatten denke, die ich mir damals hätte kaufen können. Doch mein Taschengeld war zu dem Zeitpunkt einfach besser in Kippen und Karlsquell angelegt. Tatsächlich änderte sich das erst wieder in meinen frühen Zwanzigern, als Labels wie People Like You Records im Zuge des krassen Vinyl-Revivals LPs in Kombination mit Download-Codes für den MP3-Player herausbrachten. Das muss vor etwa 13 Jahren gewesen sein, seitdem bin ich wieder dabei. Die meisten Platten kaufe ich auf Konzerten, um die Bands zu supporten und eine Trophäe mit nach Hause zu nehmen. In Record-Stores halte ich eher nach Lieblingsalben Ausschau, wobei es mir persönlich ziemlich egal ist, ob es sich dabei um ein Original oder eine Re-Issue handelt. Es geht mir dabei um die Möglichkeit, die Platte auflegen zu können und nicht um eine Wertanlage.
Jetzt wollt ihr natürlich wissen, was meine größte Vinylsünde ist und die Wahl ist auch mir nicht leichtgefallen. In die engere Auswahl haben es auf jeden Fall die Platten „Weihnachten mit Heintje“ und der Soundtrack von „Dirty Dancing“ geschafft. Am Ende habe ich mich jedoch gegen sie entschieden. Heintje habe ich im Keller meiner Oma gefunden und mitgenommen, weil das Cover so schön trashig aussah – ein Akt purer Ironie, weshalb es mir auch nicht peinlich ist, die Platte zu besitzen. Den „Dirty Dancing“-Soundtrack habe ich hingegen im Keller meiner Schwiegereltern gefunden und im Gegensatz zu Fundstück Nummer 1 stehe ich dabei zu meiner grenzenlosen Begeisterung. Nennt es „Guilty Pleasure“ oder wie ihr wollt. Ich liebe den Film und wusste in dem Moment als ich den Soundtrack fand: „Mein Baby gehört zu mir!“ Der unangefochtene Gewinner auf dem Treppchen der Peinlichkeiten ist daher das Album „City Slicker“ von J. Blackfoot. Musikalisch mag es Schlimmeres geben als das Album eines funkigen Soulsängers. Doch meine Beweggründe für den Kauf sind mir wirklich unfassbar peinlich…
2012 war ich mit meinem Bruder zwei Wochen in New York und es dauerte nicht lange, bis ein Wettstreit zwischen uns entfacht war, in dem es darum ging, wer auf den Flohmärkten zwischen Brooklyn und East-Village die coolsten Platten entdeckte. Um es spannender zu machen, präsentierten wir uns unsere Fundstücke immer erst bei einem Drink, wenn wir zurück auf dem Hotelzimmer waren und nun ja… Eines Abends breitete ich siegessicher meine drei Plattenkäufe auf dem Bett aus und verkündete nicht ohne Stolz: „Bäm! Beastie Boys, Leftöver Crack und Black Flag!“ Mein Bruder warf einen Blick auf meine Ausbeute und pisste sich fast in die Hose vor Lachen. „Nie im Leben ist das Black Flag“, sagte er und schaute sich das bunte Cover mit dem Schnäuzer-tragenden Typ genauer an. „Alter, da steht Blackfoot und nicht Black Flag!“, platzte er schließlich heraus. In dem Moment sah natürlich auch ich ein, dass das komplette Artwork überhaupt keinen Sinn ergab und auch das klassische Logo fehlte. Mein Bruder verarscht mich bis heute, wenn ich ihm von einem neuen Plattenfund berichte und ich muss zugeben: vollkommen zu Recht.