Ich kannte Wooden Peak aus Leipzig bisher nicht. Was schade ist – sehr schade. Denn zum einen war ich gezwungen zu recherchieren und festzustellen, dass es eine bisherige wundervolle Diskographie von vier Alben gibt. Und zum anderen stellte ich fest, dass es sich bei Wooden Peak um eine sehr intelligente, musikalisch sehr interessante Band handelt, die vor allem eins verbreitet: Ruhe, extrem viel Ruhe. Das Duo Jonas Wolter und Sebastian Bode scheint derart entschleunigt zu sein, dass eine 30 km/h – Zone für die Jungs einem Motodrom gleicht.
Aber ist das ein Problem? Nein im Gegenteil, diese Langsamkeit und Ruhe wird geheiligt und zelebriert. Man will immer mit dem Defibrillator dazwischen gehen, aber nein, dann kommt wieder ein Lebenszeichen und es geht gemächlich weiter, alles einem höheren Gesetz folgend. Mit über zehn Tracks und etwa 46 Minuten Spielzeit bekommt man wirklich ein echtes Geschenk, musikalisch im Downbeat-Midtempo (also sehr gechillt) und passend für Bar und Lounge, aber auch den Sonntagnachmittag bei Regen auf der Couch verbringend.
Anscheinend waren Wooden Peak seit 2008 immer eher ruhig unterwegs. Trotzdem vibriert die Luft und gibt Fantasie und Kreativität so maximalen Raum. Stille Momente werden zelebriert und hörbar gemacht. Das ist ganz hohe Schule finde ich. Sehr reduzierter Ansatz, aber im Zusammenspiel wieder vielschichtig und sehr interessant: Klangumfang, das Füllen der Räume, die Struktur der Songs, sowie die kluge Kompostion mit ihren detaillierten Akzenten – all diese Faktoren erzeugen diese Schosswärme, Geborgenheit und ja, eben diese Ruhe. Vielleicht sollte jemand sich mal die Mühe machen und daraus eine Formel für das Leben ableiten.
So ganz weiß ich nicht, wo ich die Wooden Peak bei der Genre-Bewertung hinpacken soll. Vielleicht trifft es Slow Smooth Folk Jazz Lounge gut. Die Band möge mir verzeihen. Was man noch zum Album „Electric Versions“ wissen muss ist, dass es sich um neu vertonte Aufnahmen handelt, für das sich das Duo zum Quartett vergrößert hat und nun mit Wecke Wollny (Bs Clar, Voc) und Antonia Hausmann (Trb) völlig neue Klangbilder und Dimensionen erschließen kann. Und es sei gleich hier gesagt, das Tuning-Experiment gelingt. Ein nicht proletenhafter zusätzlicher Sound aus vier Rohren, sondern Edeltuning vom Feinsten. Häufig bilden die neuen Arrangements den neuen Höhepunkt des Songs oder geben ihm eine andere Richtung. Dafür lohnt es sich die alten Versionen der Songs mal vorher anzuhören. So kann man das Werk wirklich in seiner ganzen Breit und Tiefe würdigen.
Ich verzichte bewußt auf das Hervorheben einzelner Songs, denn das Album verdient es in ganzer Länge betrachtet zu werden. Zudem finde ich, funktioniert es als Ganzes sehr gut. Da fällt es schwer Rosinen herauszupicken.
Die noch nicht „elektrifizierten“ Songs der früheren Alben sind sehr sanfte und fragile Songs, die sehr schnell Bilder im Kopf entstehen lassen. Dazu die erzählerisch wirkenden Lyrics, die sich auf wundersame Art und Weise mit dem Gehörten zu einem feinen Klangteppich verweben. Ich hoffe, eure HiFi-Anlagen sind in der Lage, diese räumliche Tiefenstaffelung und vor allem die absolute Stille zwischen den Noten wiederzugeben – denn dann wird das Ganze zum Ohrenschmaus par excellence und zu einer Empfehlung für Kenner. „Electric Vision“ könnt ihr auf der Bandcamp-Seite kaufen.