Aggros ist das neue Bandprojekt von Parris Mitchell Mayhew. Insider*Innen dürfte dieser v.a. als Mitbegründer der NY-Hardcore-Legende Cro-Mags bekannt sein. Für alle anderen: ja, das ist so. Weiß man das nun, so wird man wohl umso schneller zustimmen können, dass auf “Rise Of The Aggros”, dem Debüt dieses Projekts, die schiere, wenn auch stumpfe Aggression von Cro-Mags-Smashern wie z.B. “Hard Times” allgegenwärtig ist.
Allerdings verzichten Aggros auf ein weiteres, charakteristisches Merkmal, nicht nur der Cro-Mags, sondern eigentlich aller NY-Hardcore Bands. “Rise Of The Aggros” kommt gänzlich ohne den, des NY-Hardcore anheimelichen, stets stark akzentuierenden Gesang aus. Nun, wie füllt man denn dann eine solch eklatante Lücke im handelsüblichen Soundgewand? Aggros setzen da vermehrt auf Metal. Diverse Freunde hat Parris Mitchell Mayhew um sich geschart, die den sieben Songs der Platte ihren Stempel aufdrücken. Hauptsächlich mit Gitarrensoli in Hochgeschwindigkeit, aber auch einer Orgel, die Songs wie “Best Destiny” beinahe schon etwas episches mit auf den Weg geben. Dieser sticht eh etwas mehr heraus, erinnert er dank seines Riffs irgendwie an Megadeth‘s “Hangar 18”, wodurch er – ähnlich dem Original – so einen jugendlich-frischen und fröhlichen Charme versprüht. Ob Dave Mustaine und/oder Parris Mitchell Mayhew das auch tatsächlich beabsichtigt haben… who knows? Ist jedenfalls so.
Ansonsten geht Aggros eben recht derbe ans Werk. Hart, aggressiv, stumpf und gleichzeitig virtuos. Und eben eher dunkel. Auffallend sind die stark unterschiedlich klingenden Drumsounds. Klar, wer sich verschiedene Drummer ins Haus holt, muss wohl auch deren Vorlieben nachgeben. Ganz besonders ins Gehör sticht der metallisch-präzise Kick- und auch Snaredrum-Sound des Openers “Chaos Magic”, erinnert er doch klanglich an Bands wie Pantera oder Fear Factory. Muss man mögen, klingt zunächst ungewohnt in Bezug auf die Grundausrichtung von Aggros, macht die Sache aber auch interessant. Ein fließender Hörgenuss ist allerdings schwierig. Vielmehr gewinnt das Album dadurch den Charakter einer Compilation.
Unterhaltsam ist das Ganze also schon, jedoch nur bis zu einem gewissen Grad. Denn so ganz ohne Vocals haben die Songs mitunter unnötige Längen, wenn da gefühlt eine halbe Ewigkeit Chords gedroschen werden, ohne dass was Zählbares dabei rausspringt. Stellt euch doch nur mal Biohazard ohne das Gebrüll von Evan Seinfeld, oder die mit Aggros vergleichbaren West Coast-Vertreter Body Count ohne die große Schnauze von Ice-T vor. Nicht auszudenken, wie teilweise gute Hardcore-Songs da in der Belanglosigkeit verschwinden würden. Insofern ist es auch voll in Ordnung, dass Aggros uns hier mehr mit einer EP in Form einer 12″, denn mit einem ganzen Album beehren. Geht gut runter, kann man sich geben und man kann nebenher den Abwasch machen und mit dem Kochlöffel …nun ja, eben Kochlöffelgitarre spielen.
Schmunzelnd ertappe ich mich aber schon auch bei dem Gedanken, ob denn der Herr Mayhew noch gar nicht so wirklich mitbekommen hat, dass sich auch im Big Apple, sagen wir mal in den letzten rund 35 Jahren, so einiges verändert hat. Ich meine jetzt nicht 09/11, dieses sehr tragische Ereignis, welches sich eben erst zum 22sten Mal gejährt hat. Ich meine auch nicht den Wochenend-Einzug von CR7 in den Trump-Tower. Nein, ich meine tatsächlich musikalisch. So sehr wie der Herr Mayhew weiterhin stoisch auf 1985 macht, scheint er immer noch absolut vom damaligen Sound überzeugt zu sein und vielleicht ist er auch so ein ganz klein bisschen der Nostalgiker, der gerne weiterhin und für immer in den good ol’ times schwelgen will. Ich bin mir aber auch sicher, dass er genau damit weltweit seine ähnlich tickenden Zuhörer*Innen finden wird. Fühlt euch gerne von Aggros eingeladen.
Das Vinyl, erschien auf Wildfire NYC Recordings in drei verschiedenen Farben: Blutrot, Orange und Clear. Cover und bedrucktes Inlay auf Hochglanz poliert, dazu den Download-Code. Hierzulande könnt ihr die Platte z.B. bei Coretex kaufen.