So kündigt er sich also an, der Untergang. Mit einem bedrohlichen, geradezu beklemmenden Intro, das in eine, das Chaos ankündigende Sirene mündet. Und der erste Song „Kaotikum“ des Debütalbums „Vom Untergang zum Neuanfang“ der Kreuzberger Punkrocker Betonkinder bleibt dieser Stimmung auch treu. „Ich mag das Chaos in mir eigentlich nicht, doch anscheinend liebt das Chaos mich“ keift uns Sänger und Bassist Schlingel um die Ohren und reißt damit gleich zu Beginn ein beliebtes Thema im Punk, die, nennen wir es mal kritische Selbstreflektion, auf.
Doch schon der zweite Song „Maurermarmelade“ ist mehr in Dur gehalten, kündigt damit musikalisch vom Neuanfang. Textlich bleibt es dagegen düster. Die komplette Platte über. Die Betonkinder verwursten in ganzen 15 Stücken sämtliche gängigen Punkthemen. Nazis sind scheiße, Fuck the System, Scheiß Kapitalismus, Untergang, eher wenig Neuanfang. Das Rad wird damit freilich nicht neu erfunden, geht aber in Anbetracht der Attitüde der Band auch in Ordnung so. Schließlich geht es hier um lupenreinen Punkrock. Es treibt nach vorne, es kickt, es lädt zum Mitgrölen ein, es schreit nach einer durchzechten Nacht. Außerdem erinnert mich die Art des Textens der Betonkinder durchaus an die des Jens Rachut, was ich bitteschön als absolutes Kompliment verstanden haben möchte!
Ach und von wegen durchzechter Nacht: mit „Dichter in Berlin“ liefern die Betonkinder die ultimative Berlin-Party-Hymne ab. Textlich ausnahmsweise eher funny, das nehme sogar ich als Schwabe schmunzelnd zur Kenntnis. Spitzensong mit Spitzentext und ich möchte gerne sofort in die nächste Bahn gen Hauptstadt steigen, um mich in all den tollen Punkrockläden zu, ähh… verausgaben. Ist halt aber nicht so einfach und das Leben auch kein Ponyhof. Dann halt vorerst mit „Vom Untergang zum Neuanfang“ gefeiert. Im kleinen, gaaanz kleinen Kreis, aber trotzdem mit Spaß.
Schmunzeln Teil 2: noch deutlicher als mit dem Riff und dem Gesang in der Strophe von „Orelie“ kann man einer seiner (mutmaßlichen) Heldenbands, in dem Fall den Dead Kennedys, nicht huldigen. Ansonsten ebenfalls rauszuhören sind z.B. Dackelblut, Chefdenker, Dritte Wahl, ein paar amtlich rockende Gitarrensoli, ein kleiner Hauch von ’77 und dank des immer wieder hyperventilierenden Gesangs auch so ein wenig NDW im Stile von in etwa Extrabreit. Ja, kein Witz, mein ich ernst. Das Ganze ergibt dann nichts wirklich Neues, aber dafür was richtig Gutes. Glückwunsch zum sehr gelungenen Debüt, liebe Betonkinder! Auf bald dann mal. Ich weiß ja jetzt wo ich euch finden kann, zwinker!
Allerdings sollte ich mich angesichts des apokalyptischen Coverartworks etwas beeilen. Wenn das so eintreffen sollte, wie von den Betonkindern hier prophezeit wird, dann kann sich Berlin aussuchen, ob es lieber brennt, oder lieber überschwemmt werden mag. Na ja, so lange man das so gelassen nehmen kann wie die vier Betonkinder in ihren Liegestühlen, wird’s schon nicht so schlimm werden. Hinten drauf dann die Band in live und drinnen als Photocollage. Dazu sämtliches Textgut und nen Download-Code. Ansonsten alles selbst gemacht. Und zwar gut!
Zu kaufen z.B. hier.