Ihr wollt Booze & Glory? Ihr kriegt Booze & Glory! Wobei… jein. Wer auf dem hier vorliegenden neuesten Werk “Raising The Roof” auf eine Rückkehr zu den alten Oi-Zeiten der Londoner Straßenpunker hofft, der/die hofft vergebens. Teilweise, zumindest. Klar weiß das Quartett immer noch, welche Hebel es anzusetzen hat, um eine eingängige und mitgröhltaugliche Hymne für die Straße zu schreiben. Bei den vier vertretenen Songs auf der EP gelingt das sogar gleich sage und schreibe vier mal! Aber dann ist da eben auch noch der andere Weg, den Booze & Glory sich auf ihren letzten Releases zunehmend selber geebnet haben. Ich meine diesen Sound, der eher nach Strand, denn nach Straße klingt. Wüsste man es nicht besser, könnte man glatt meinen, die Band stammt nicht aus der verregneten Kapitale des United Kingdom, sondern hängt vielmehr mit West Coast Punkern à la Pennywise (die Power) oder den U.S. Bombs (die Melodien) unter der Sonne Kaliforniens ab.
Das ist nicht schlecht, das ist nicht gut. Das ist halt einfach so. Und jede*r darf nun selbst entscheiden, ob er/sie weiterhin lieber gerne schwere Boots trägt, oder nicht doch auch mal auf ein luftiges Paar Vans-Shoes zurückgreifen möchte. Am besten haben’s natürlich diejenigen unter euch, denen beides gut steht. Und sind wir doch mal ehrlich: die klassische Trennung von Working Class und Skateboardfahren ist doch eh längst Schnee von gestern. Booze & Glory sind diesbezüglich ein tragfähiges Hybridmodell.
Wobei sie sich rein inhaltlich weiterhin recht traditionell verankern. Nach den vergangenen zwei Jahren aufgezwungener Inaktivität, geben sich Booze & Glory jetzt erst recht in Aufbruchstimmung. “We’re ready for the good times!” heißt es da gleich zu Beginn des titelgebenden Openers “Raising The Roof”. Und so geht das dann auch weiter. Es werden Einheit und Einigkeit, harte und bierselige Nächte und der Umstand, dass sich das auch nicht ändern wird und gefälligst auch nicht zu ändern hat, besungen. Das Ganze unterlegt mit bereits angedeuteter sonniger Leichtigkeit und Melodie macht die EP durchaus zum musikalischen Mitbringsel für die nächste Baggerseeparty im nun anstehenden Sommer. Und mit auf die Setlist gehören dann unvermeidbar auch Obtrusive, Backslide, die Dropkick Murphys und The Unseen. Nur mal so als Beispiel.
Ah, und nun noch zur kniffligen Quizfrage des Tages. Was haben Iron Maidens Steve Harris und Booze & Glory gemeinsam? Na? Keine Idee? Dann kaufe ich ein “Oi” und möchte lösen. Beide sind glühende Anhänger des Londoner Malocherclubs West Ham United. Auch das ist weder gut, noch schlecht, sondern ist halt einfach so. Oder aber, ihr denkt euch selber euren Teil dabei. Booze & Glory jedenfalls haben keine Scheu, dies offen zu zeigen, findet sich das Emblem des Clubs doch gleich mehrmals im Artwork von “Raising The Roof”. Auch den Titeln des Vereins wird gehuldigt. Und ja, auch Fußballstadien dürfen jetzt wieder voll bestückt werden, Corona hin oder her. Booze & Glory liefern den passenden Soundtrack zum Auswärtsspiel.
Und wo wir gerade von der Verpackung sprachen. Dafür, dass es sich bei “Raising The Roof” lediglich um eine 4-Track-EP handelt, wird hier mächtig dick aufgefahren. Gatefold auf Hochglanzpapier, Alle Texte, nebst Bandfotos im Innenteil und alles so schön bunt und schillernd. Passt zur guten Laune der Musik, welche ihr wiederum wahlweise auf weinrotem oder gelbem Vinyl konsumieren könnt. Pirates Press Records als verantwortliches Label sowie Booze & Glory als verantwortliche Band freuen sich sicherlich über euren Kauf. Diesen könnt ihr z.B. hier tätigen.