Was ist das Beste, was das deutsche Rolling Stone Magazin je für uns getan hat? In meinem Fall ist die Antwort einfach: Es war die CD-Dreingabe zum Januar-Heft 1998, die mich und die sonst für mein Empfinden dann doch etwas arg angestaubte Publikation für einen kurzen Moment auf einen Nenner brachte.
“Rare Trax Vol. 5 – Summer in the City” – so der wenig erquickliche Titel – bescherte mir gleich einen ganzen Sack voll neuer Lieblingssongs und Bands, die auf meiner “Mal näher mit beschäftigen”-Liste landeten. Zum Beispiel: The Barracudas (immer noch fantastique!), The Pietasters (mein Einstieg in die Welt von Hellcat Records), Dick Dale (ja, ich war vier Jahre zu spät dran) und Honeyriders (die tolle LP “Splashdown” ist bis heute jeden Sommer ein nie versiegender Quell der Freude).
Und dann natürlich: The Toasters. “Don’t Let The Bastards Grind You Down” ist bis heute ein unkaputtbarer verdammter Hit. “Und dann kam Ska” hieß damals eine mehrteilige Serie im Wahrschauer-Fanzine. Und mit den Toasters kam Ska dann auch zu mir. Dass die New Yorker als Speerspitze der dritten Ska-Welle gelten, die in den frühen 1990ern so richtig Fahrt aufnahm, wusste ich damals nicht. Und auch Namen wie Prince Buster, The Skatalites, Specials oder Madness galt es noch zu erschließen.
Im Laufe der Jahre habe ich mich dann phasenweise ziemlich tief in den originalen Jamaica Ska der frühen 60er und in die 2-Tone-Ära eingegraben. Bands des 90er-Revivals waren mir oft zu poppig, zu albern, zu glatt. Auch die Toasters habe ich da in Sippenhaft genommen. Zu Unrecht! Denn Sänger Robert Hingley und seine schier unübersichtliche Horde wechselnder Mitmusiker waren schon immer deutlich tighter als die Konkurrenz, hatten gleichermaßen mehr Soul und Punk im Blut.
Zwischen 1987 und 2007 haben die Toasters insgesamt zehn Studioalben und diverse EPs, Compilations und Liveaufnahmen veröffentlicht. Auftritte gibt es zumindest noch unregelmäßig, neues Material aber schon länger nicht mehr. Und auch “Two Tone Army” bietet für Fans nur alten Wein in neuen Schläuchen. Aber wenigstens ist es 1a-Qualitätswein.
Das Album erschien ursprünglich 1996 unter dem Namen “Hard Band For Dead” bei Moon Ska Records. Mad Butcher/Black Butcher hat jetzt ein Reissue mit neuem Artwork und Titel sowie zwei zusätzlichen Songs spendiert. Die LP kommt im klassisch-schnörkellosen schwarzen oder im schick-orangen Vinyl und leider ohne Textblatt oder Inlay daher.
Ska-Connaisseur*innen, die das Album noch nicht besitzen, können bedenkenlos auf “In den Warenkorb” klicken, gilt die Platte schließlich nicht nur bei vielen Fans als Meisterwerk der Band – sondern steckt meiner Meinung nach auch so ziemlich jedes andere Third-Wave-Ska-Album der 90er locker in die Tasche. Das hier gar zum Plattentitel geadelte “2 Tone Army” gilt längst als Signature Song der Toasters, auch “Talk Is Cheap”, das tolle “Chuck Berry” und “Secret Agent Man” sind echte Hits.
Dazu kommen Gastauftritte von Lester “Ska” Sterling beim Prince-Buster-Cover “Hard Man Fe Dead” und von Ska-Godfather Laurel Aitken bei “Speak Your Mind”. Und hier schließt sich der Kreis: Denn auch Aitken war damals auf der hübschen Sommer-CD des ollen Opa-Magazins vertreten.
Also, hochgeschätzte Rude Girls’n’Boys: Der Sommer (ob in der City oder woanders) steht vor der Tür – den Soundtrack dazu bitte direkt hier ordern. Danke!