In unserer Reihe Vinylkeks4Nepal lassen wir die Bands und Unterstützer:innen der beiden Benefiz Vinyl Sampler “Help4Nepal Vol.1“ und “Help4Nepal Vol.2 – United We Stand” zu Wort kommen. (Können hier käuflich erworben werden) Die Sampler waren zunächst als Nebenprojekt des The Madness Pogo Festivals entstanden. Zwischenzeitlich wurde daraus ein eigenständiges Projekt: Das Child8Project. In Kooperation mit STELP e.V. Stuttgart wird mit dem Erlös der Sampler Geld für den Bau einer Schule und eines Wassersystem in Kathmandu / Nepal gesammelt. Detailliertere Informationen zu dem Projekt findet ihr außerdem hier im Interview mit Sascha, einem der Hauptinitiatoren.
Im heutigen Interview erzählen uns Mel (vocals/guitar), Ziggy (vocals/bass) und Chris (drums/disco) von Shirley Holmes auuuuuus Berlin, ob das 2021er Wasserglas für sie eher leer, übervoll oder irgendwas dazwischen war, warum der Sommer diesen Jahres echt (im positivsten aller Sinne!) stressig für sie werden könnte und was sie zum Thema Barrierefreiheit von Konzert Locations zu sagen haben.
Viel Spaß beim Lesen!
Hallo ihr Lieben und danke, dass ihr euch Zeit für ein kurzes Interview nehmt! Wie lange macht ihr schon zusammen “Rummsbumms” aka “Sport mit Gitarren” und habt ihr davor alle schon in anderen Bands geturnt?
Hi Nathalie, wir finden das Projekt jut und freuen uns dabei zu sein. In dieser Konstellation gibt es die Band seit 2016, Shirley Holmes existiert aber schon länger. Ja, Turnen hat uns auch vorher schon viel Spaß gemacht. Ziggy ist vor dieser Band Trampolin gesprungen, Mel mochte den Stufenbarren und Chris erfreut sich seit seiner Kindheit an rhythmischer Sportgymnastik. Auf der Bühne können wir das alles miteinander vereinen und schön auf die Tube drücken.
Ich versuche gerade die Bilder in meinem Kopf zu sortieren und heule gerade ein bisschen ob des verpassten Terrorgruppe-Konzerts mit Euch im Vorprogram…2021 gab es für Euch ja geile (Stichwort: Remix Album) und weniger geile (Stichwort: Absage besagte Terrorgruppe “Tschüssikowski”-Tour, Ruhrpott Rodeo) Momente. Was hat überwiegt (oder überwogen?), was wolltet ihr Corona schon immer mal sagen und was hat es mit dem Newsletter auf sich?
Die Antwort hat etwas mit einem ominösen Wasserglas zu tun und der Frage, ob man es als halb voll oder halb leer ansieht. Natürlich waren die vielen Konzertabsagen ein absoluter “Downer”. Aber es gab dieses Jahr auch echte Highlights. Durch unser„Die Krone der Erschöpfung“ Remix Album konnten wir mit tollen und sehr unterschiedlichen Künstler*innen zusammen arbeiten, wie Egotronic, Annette Benjamin, Schrottgrenze, Rod González, The toten Crackhuren im Kofferraum, Safi, Malonda u.v.m., und fanden diesen Prozess sehr inspirierend. Wir haben im Rahmen des WDR Rockpalast ein Konzert gespielt, was sehr besonders und ein mega schöner und auch irgendwie aufregender Abend war. Dann gab es die besagte Tour mit der Terrorgruppe. Klar, der Tourabbruch nach den sieben Shows war maximal uncool und es tat uns auch sehr leid für die TG, deren Abschiedstour es ja war, und für die Crackhuren, die gerade mit on board springen wollten. Dafür waren die Shows, die stattgefunden haben, mit der ausgelassenen Stimmung und dem Pogo Alarm und auch dem ganzen Tourleben drumherum purer Balsam für die Seele, it just felt so good. Ein Hauch von Normalität. Die “Terror Crew” war ein toller und sehr entspannter Gastgeber, die Fans haben uns gut aufgenommen und auch das Kennenlernen der anderen Support Bands, u.a. die sweeten Leute von Missstand und Akne Kid Joe, war sehr bereichernd. Deshalb ist das Glas für uns definitiv halb voll und wir wissen die Besonderheit dieser Erlebnisse in dieser Zeit umso mehr zu schätzen in dem Wissen, dass viele andere Menschen in anderen Umständen, anderen Ländern viel größere Probleme haben, als ein paar abgesagte Konzerte. Auch, wenn es doch immer wieder ziemlich zwickt. – Was wir Corona schon immer mal sagen wollten? Mit Corona reden wir schon lange nicht mehr, die hört einfach nicht zu.
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Done. Wird 2022 EUER Jahr? Pläne, Prognosen, Pandemiekiller?
Pandemiekiller Nr. 1 ist dieses Jahr die Arbeit an neuen Songs. Im letzten Jahr hat sich viel neues Material angesammelt, das schon sehnsüchtig darauf wartet, zu neuen Songs zu werden. Ansonsten hoffen wir, dass die verschobenen Festivals aus dem letzten Jahr nachgeholt werden können, wie das Ruhrpott Rodeo oder Rock am Berg Merkers oder auch die Gigs mit den Spermbirds. Und dann gibts ja auch noch dieses Konzert mit den ÄRZTEN und den Donots am 26.8.22 auf dem Tempelhofer Feld in Berlin, darauf freuen wir uns auch sehr. Außerdem sind gerade noch so zwei, drei Sachen in der Mache, die viel Spaß verheißen. Let’s say, wir sind sehr gespannt auf die 22.
Wir jetzt aber auch, das klingt ja großartig! Ihr seid auf dem zweiten Help4Nepal Benefiz Sampler “United We Stand” mit eurem Song “Das Licht” vertreten. Worum geht’s in dem Song?
Eine Art, den Text zu interpretieren, wäre die Suche eines tieferen Sinnes im Leben, um dadurch ein gewisse Form der Einsicht zu erlangen. Spannend ist dabei die Frage, ob es sowohl den tieferen Sinn als auch eine definitive Form der Einsicht gibt oder ob das nicht alles eine große Fata Morgana ist. Das ist aber nur eine Lesart des Textes, Sie sind herzlich dazu eingeladen, sich dazu selbst eine Meinung zu bilden.
Während in Nepal das Gesundheitssystem durch Corona kollabierte und die Lage dort zeitweise als “katastrophal” bezeichnet wurde, meckern wir hier weiterhin auf sehr hohem Niveau über Privilegien, wie z.B. die Möglichkeit, sich impfen zu lassen, ausreichend Masken zur Verfügung zu haben oder im Privatleben eingeschränkt zu sein. Wird man sich der eigenen Situation bewusster, wenn man, wie ihr, an wohltätigen Projekten mitwirkt?
Vielleicht ist der Prozess der “Bewusstwerdung” sowohl der eigenen Privilegien als auch der eigenen Grenzen letztendlich eine der großen Chance dieser Zeit. Durch das Internet / Medien haben wir inzwischen alle einen viel besseren Einblick in die Lebensrealitäten an anderen Orten, sehen und erleben, wie verschiedenartig die Perspektiven, Ansichten und Möglichkeiten auf diesem Planeten sind. Dabei wird allerdings auch sehr offensichtlich, wie komplex das Ganze ist. Uns ist klar, dass wir im Zentrum Europas in vielerlei Hinsicht sehr privilegiert sind, deshalb unterstützen wir in unserem Rahmen auch immer wieder Projekte, die wir in diesem Sinne gut und wichtig finden.
Diese Zeit als Chance zu sehen, gefällt mir…Aus meiner Interviewreihe “MusInclusion” habe ich eine Frage von Lisa&David von Sit’n’Skate mitgenommen, die ich in dieser Interviewreihe als “Kernfrage” allen Bands stelle, da ich denke, dass diesem wichtigen Thema bisher viel zu wenig Platz in der Szene eingeräumt wurde: Wisst ihr darüber, dass es Venues in Deutschland gibt, in denen Menschen mit Behinderung (in diesem Fall Rollstuhlfahrer:innen) kein Einlass gewährt wird (Begründung z.B. Brandschutz), d.h., dass sie vielleicht auch Eure Konzerte nicht besuchen können? Habt ihr Euch als Band schon mal mit dem Thema Ableismus (=Diskriminierung von Menschen mit Behinderung) in der Musikszene auseinandergesetzt?
Gut, dass du das Thema ansprichst. Es war uns nicht klar, dass Rollstuhlfahrer:innen bei manchen Venues kein Einlass gewährt wird, da mussten wir echt schlucken. Wir haben mitbekommen, dass es in Sachen Inklusion über die letzten Jahre verstärkt Bemühungen und Fördergelder in der Musikszene gab, was wir natürlich gut finden. Wir dachten aber, um ehrlich zu sein, das passiert, damit es für Menschen mit Behinderung weniger umständlich wird, Konzerte / Parties zu besuchen, nicht, um das überhaupt erst möglich zu machen. Das ist wirklich hart. Die Möglichkeiten im subkulturellen Bereich werden aufgrund von knappen finanziellen Budgets, behördlichen Auflagen, alten Gebäude (#gebäudeschutz) sicherlich so manches Mal begrenzt sein, wir hätten aber gedacht, dass in solchen Fällen unkompliziert Gelder beantragt und auch bewilligt werden, um das einigermaßen zeitnah in den Griff zu bekommen. Aber offensichtlich ist das nicht so einfach.
Weil das Thema Ableismus in der Musikszene letztens bei uns auf den Tisch kam, haben wir uns in der Szene umgehört und speziell bei einem Club nachgefragt, woran es liegt, dass die seit Jahren angekündigten Umbauarbeiten, um die Location barrierefrei zu machen, nicht umgesetzt werden. Inzwischen haben wir auch eine Antwort bekommen, aus der wir herauslesen, dass sich dieser Laden ernsthaft darum bemüht, es aber in der Location anscheinend wirklich nicht so einfach geht. Die inklusive und barrierefreie Neuausrichtung ist in der Planung mit den entsprechenden Behörden festgeschrieben, aber Teil eines umfangreichen Sanierungsprojekts der Stadt, das „ein großes Gebiet mit mehreren Bauabschnitten betrifft“ und sich insgesamt verzögert. Jetzt wird an einer Zwischenlösung gearbeitet, aber auch das braucht Zeit, unter anderem sind die Fluchtwege das Problem. Dass es aber vor allem aus Sicht von Betroffenen unerträglich ist zu erleben, wie langsam die Mühlen hier mahlen, ist total klar, das muss wahnsinnig frustrierend sein. Auch, da immer wieder und fortwährend am Ball zu bleiben. Gut deshalb, wenn Aufmerksamkeit erzeugt und von mehreren Seiten nachgehakt wird. Wir selbst sind bisher noch nicht von einem Shirley-Fan im Rollstuhl kontaktiert worden, dass sie oder er nicht auf unser Konzert gehen konnte.
Vielen Dank für diese ausführliche Antwort!
Am Ende wünsche ich mir als Tape – Fanin von jeder Band eine Mixtape Playlist. Von Euch hätte ich gerne eine mit dem Titel: “Berlin Calling”!
Keen Ding, los geht’s:
Egotronic – Berlin Calling
The toten Crackhuren im Kofferraum – Zurück in der Gosse
Großstadtgeflüster – Fickt Euch Allee
Acht Eimer Hühnerherzen – Farben
Safi – Offensichtlich
Ideal – Erschießen
Malaria! – Kaltes klares Wasser
Jingo de Lunch – Land of the Free-ks
Terrorgruppe – Trottel
KIZ – Hurra die Welt geht unter
Die Ärzte – NOISE
Goldfish – Carry your name
Pabst – Ibuprofen
Beatsteaks – Let me in
Kitty Solaris – Hot Town Blues
Nachlader – Pommes und Disco
Sookee – Bitches Butches Dykes & Divas
Miss Kitten – Requiem for a hit
Peaches – Slippery Dick
Stereo Total – Liebe zu Dritt
Lassie Singers – Die Pärchenlüge
Britta – Depressiver Tag
Kill Her First – Tightrope
Die Supererbin – Fuckin Dunkel
Doctorella – Sheena loves the singer
Barbara Morgenstern – The Operator
Wir sind Helden – Wenn es passiert
Mia – Alles neu
Paula – Es kommt immer alles anders
Pilocka Krach – Binichbinich Remix
Nina Hagen – Du hast den Farbfilm vergessen
Kat Frankie – Berlin Cops
Ton Steine Scherben – Macht kaputt was euch kaputt macht
Lulu & die Einhornfarm – 10 Euro Ficki Ficki
Spermbirds – Go to hell then turn left
Atari Teenage Riot – Revolution Action
Kotzreiz – Berlin
DOTA – Grenzen
Quarks – Vergiss
Mondo Fumatore – Killing Machine
Malonda – Mondin
Peacock Palace – Like a snake
Shirley Holmes – Hassgeliebter Schatz
Zuckerclub – Jeden Moment
Montreal – Katherine Katherine
Wow, beeindruckend, eine grandiose Playlist, da wird AUF JEDEN FALL ein 3D-Mixtape draus <3 Danke dafür, für das spannende Interview und Alles Gute Euch für die nächste Zeit!