Die Wobbler-Trilogie. Nein, nein, ist nichts Verschollenes aus dem Vermächtnis von Tolkien. Hat auch nichts mit Science-Fiction am Hut. Vielmehr wurden mir die ersten drei Alben der norwegischen Progrocker Wobbler als Neuauflage, erschienen auf Karisma Records, zugespielt. Und irgendwie klingt das doch schmissig mit der Trilogie, auch wenn es die Band inzwischen schon auf fünf Longplayer bringt. “Hinterland” ist das Debüt der Band und soll damit Gegenstand dieses Reviews sein.
Erstmals erschienen 2005, kam es nun nochmal auf Doppel-LP raus. Doppel-LP muss auch sein, denn ansonsten würden die vier Songs des Albums gar nicht alle unterkommen. Ist ja auch ne Menge Holz, vier Songs. Und schon allein der Opener “Serenade For 1652” bringt es auf stolze 42 Sekunden. Hä? Was läuft da schief? Mögt ihr euch nun womöglich fragen. Rohstoffverschwendung? Größenwahn? Vier 42-Sekunden-Songs verteilt auf 4 Seiten Vinyl? Keine Sorge, das muss schon so sein. Denn mit Song Nr. 2, dem Titeltrack “Hinterland”, ist es dann vorbei mit der kurzweiligen Unterhaltung. Sage und schreibe 27 Minuten und 36 Sekunden unterhält uns das Stück und ist damit der längste, mir bekannte Rocksong. Muss quasi in Riedingers Buch der Rekorde, falls das wer für mich schreiben will.
Da ist das Fassungsvermögen einer 12″ dann auch Oberkante Unterlippe und somit erstreckt sich der Song auf zwei Seiten und wird folgerichtig in “Part 1” und “Part 2” unterteilt. Nun, knapp 30 Minuten ein und dasselbe Lied?! Das muss man schon wollen, gell? Aber hey Leute, natürlich bringen Wobbler in dieser Zeit ein bisschen mehr als drei Akkorde unter. Das ist schon abgefahren, was die Band aus Honefoss da so macht. Ich mein, Progrock halt. Ein Song beinhaltet da sozusagen ganz viele, wobei ich in diesem Fall schon das Gefühl habe, dass es sich nicht um eine bloße Jamsession handelt, sondern die Songs schon sauber durchdacht und durcharrangiert sind. Respekt. Unsereins würde bei einer solchen Aufnahme durchdrehen.
Wobei Wobbler laut eigener Aussage auch zeitweise kurz davor waren. Die autobiographischen Erzählungen zum Entstehungsprozess der Platte auf dem Beiblatt zeugen jedenfalls davon. Die Anekdoten sind nicht nur unterhaltsam, sondern lassen eine*n auch den Eindruck gewinnen, dass hier ein paar absolute Fanatiker am Start sind, bzw. waren. Wie dem auch sei, das Ergebnis war jeden einzelnen Nervenzusammenbruch wert. Freunde und Freundinnen des Genres bekommen ein hohes Maß an musikalischer Qualität und äußerst intelligentes Songwriting zu hören. Wer Musik jedoch nur zur Hintergrundbeschallung beim Kochen konsumiert, der/die wird dem Anspruch, den Wobbler an eine*n Stellen nicht gerecht. Spaghetti sind doch auch in zehn Minuten durch, oder?
Kürzlich mal wieder “April” von Deep Purple in voller Länge gehört. Zweifelsohne ein schönes Stück Musik, aber Wobbler stellen den Song in Sachen Experimentierfreude doch noch deutlich in den Schatten. Auch die sonst in solchen Zusammenhängen gerne von mir als Referenz herangezogenen Landsleute von Wobbler, Motorpsycho, klingen deutlich konventioneller. Trotzdem, so eine Mischung aus oben genanntem Purple-Song und den Trondheimern in ihren experimentellen Phasen könnte euch dabei helfen, euch eine Vorstellung von Wobbler zu machen. Und das dann eben noch ein bisschen abgefahrener.
Doppel-LP kommt in schönem marbled yellow und im Gatefold. Kuddelmuddel vorne und hinten drauf ist Programm. Die Fotos auf dem Inlay sind da schon aufschlussreicher. Alles, was drum herum so geschrieben steht, auch. Und dann ist da noch diese faszinierende Musik…
Die Platte(n) gibt’s z.B. hier:
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
Veröffentlichung | Keine Daten vorhanden |
Label: | Keine Daten vorhanden |