Aller guten Dinge sind… ach lassen wir das mit den ollen Sprüchen. Lasst uns gleich zum Wesentlichen kommen. “Rites At Dawn” heißt das Werk von Wobbler, welches gleichzeitig den Abschluss meiner persönlichen Wobbler-Trilogie bildet. Mit “Lucid” haben die Norweger abermals einen kurzen (schlappe 1:40 lang), als Intro zu bezeichnenden Song an den Anfang gesetzt. Die Progrocker scheinen also ihrem Muster auf Platte treu zu bleiben.
“Lucid” dröppelt dann auch irgendwie an mir vorbei, ehe mich “Lá Bealtaine” dann mit voller Wucht überrumpelt. Super funky geht’s da los und das bleibt auch (fast) den ganzen Song über so. Fühle mich unisono positiv an die experimentelleren Motorpsycho (ja, schon wieder die!) erinnert. Wenn ich jetzt noch verrate, was ihr euch eh schon denken könnt, nämlich dass ich Motorpsycho über die Maßen geil finde, dann dürfte euch auch einleuchten, dass mich Wobbler erneut gecatcht haben. Dieses Mal aber schon jetzt noch mehr, als mit “Hinterland” und “Afterglow” über die Gesamtlänge. “Lá Bealtaine” beherbergt gefühlt mehr Gesang als die eben genannten zwei Alben zusammen und auch die Musik ist zugänglicher, irgendwie animierender. Klar, Wobbler schreiben noch lange keine Popsongs, sondern sind immer noch eine sehr detailverliebte, intelligent und mit jeder Menge abgefahrener Ideen spielende Progrock-Band, aber “Rites At Dawn” scheint mir am ehesten massentauglich zu sein. Und das meine ich nicht abwertend.
Song Nr. 3, “In Orbit”, bestätigt meinen Eindruck. Auch hier gehen Wobbler geradezu beschwingt und fröhlich und mit vieeeel engelsgleichem Gesang zu Werke. Spitze! Kann man auch mal einfach so hören, ohne dass man sich voll und ganz der Musik widmen muss. Ich glaube, das meine ich dann auch mit “Massentauglich”.
Die Soundqualität hatte ich ja bisher noch gar nicht berücksichtigt. Dann wird’s jetzt Zeit und das im folgenden Geschriebene passt dann auch auf alle drei Alben, sind sie doch in dieser Hinsicht gut vergleichbar. Jedenfalls: Wobbler klingen spitze! Ich sehe es schon als eine ganz besondere Kunst an, so viele Instrumente und Soundelemente gleichberechtigt, bzw. gemäß ihrer jeweiligen Wichtigkeit unter einen Hut zu bringen und daraus ein ansprechend klingendes Stück Musik zu formen. Davor ziehe ich ehrfürchtig den eben ins Spiel gebrachten Hut. Auch dynamisch spielen Wobbler absolut in der ersten Liga. Abermals der Hut!
Auf der B-Seite tummeln sich sage und schreibe vier Songs! Logisch, dass der einzelne deshalb weniger Zeit in Anspruch nimmt. Nicht ganz so logisch, aber trotzdem so, dass dies die Eingängigkeit von “Rites At Dawn” weiterhin begünstigt. Also: lohnen tun sich alle drei Werke, die jetzt besprochen wurden. Das steht außer Frage. Es bleibt jedoch die Frage, worauf Hörer*In mehr Wert legt? Meine Empfehlung: eingefleischte Progrocker*Innen, die ihr musikalisches Glück in der Komplexität eines Songs suchen, sollten sich eher an “Hinterland” und “Afterglow” orientieren. Menschen, die zwar Musik mit Anspruch bevorzugen, jedoch auch nichts gegen leichte(re) Verdaulichkeit der selbigen einzuwenden haben, sind mit “Rites At Dawn” besser bedient.
Eben dieses “Rites At Dawn” erschien ursprünglich 2011 und wurde jetzt ebenfalls von Karisma Records neu aufgelegt. Haben die gut gemacht! Und schön auch, denn die Platte kommt in sattem Dunkelgrün mit schwarzen Schlieren und passt damit farblich gut zum in Grüntönen gehaltenen Artwork. Gatefold, juhuuu! Die Band beim Vespern im Innenteil, daneben sämtliche Texte und ein paar Linernotes. Wirkt kompakt, ist kompakt. Gibt’s z.B. direkt bei Karisma Records.