The Marble Man mit “Louisiana Leaf” auf Millaphon Records … da huscht mir direkt durch den Kopf, das bei dem Label Mehmet Scholl seine Finger im Spiel hat. Das ist beruhigend, denn die Release von Millaphon Records waren musikalisch immer interessant und sehr eigenständig.
Man schrieb das Jahr 2007 als Josef Wirnshofer als The Marble Man ans Tageslicht kam. Direkt auf dem Debüt “Sugar Mails” beeindruckte der 19jährige Newcomer mit Songs, die zeitlos und leicht daherkommen. Das Konzept des gebürtigen Traunsteiners ist ein souveränes Weglassen bis zur Perfektion des Sounds, soll heißen, wo andere arrangieren, spart The Marble Man souverän ein und setzt auf Fokussierung.
Über die Jahre entstehen Alben-Perlen (unbedingt reinhören!) und The Marble Man perfektionieren mittlerweile zum Quintett gewachsen ihren unverwechselbaren Sound – tiefschwarz und glitzernd. Man setzt weiterhin auf Tiefgang und Gewicht, statt Effekthascherei oder ständiges Repetieren des Refrains.
Mit dem vorliegenden Album “Louisiana Leaf“, dem mittlerweile vierten Werk von The Marble Man, geht man den Weg “der Expansion durch Reduktion” konsequent weiter. Diesmal führt die Reise direkt in die tiefschwarze Nacht, in dunkle Regionen der menschlichen Seele und des Auralen.
Optisch unterstützt hier das Artwork des 8-Track Albums mit seinem sehr dunklen Cover. Hier möchte ich die Fotografin Maria Dorner und das Artwork erwähnen, welches von squiech stammt. Ich habe tatsächlich mit dem Cover in der Hand der Musik gelauscht und diese Reise der Bilder genossen.
Die Songs von “Louisiana Leaf” folgen ihren eigenen Gesetzen, manchmal verharrt ein Song urplötzlich, ein anderes Mal scheinen die reduzierten Arrangements sich aufzulösen oder hypnotisch in eine Starre zu verfallen. Als Lotsen in diesem zeitweise über die Ufer wabernden Gemenge, zieht ein unbeirrbarer Bass stoisch seine planetengleichen Bahnen. Ein zurückgenommenes Schlagzeug scheint dabei der einzige Fixpunkt zu sein und doch ist es so unauffällig, dass es allen anderen Musikinstrumenten ausreichenden Raum gibt.
Der Opener “A Man we knew” zeigt mit seinen Gitarren Zähne, aber auch dafür ist Platz und Raum. Ein ähnliches Beispiel, dass diese Art der Klangzusammenstellung funktioniert, ist “Rowboats”. Einem von einem Minimal-Synthie-Rhythmus getragenen Song, herrlich schräge Snares auftauchen, ohne unangenehm aufzufallen. Das ist für mich ganz großes Tennis.
“The Twins” ist ebenfalls herrlich aus der Spur gefallen. Ein Windspiel eröffnet einen Song, der irgendwie sich beeilt fertig zu werden. Dabei nimmt der Song derart Geschwindigkeit auf, dass er im aufkommenden Crescendo einfach, wie ein Schiff im Strudel, versinkt. Klasse auch “Totem”, das mit Synthie-Perma-Geballer-Rhythmus beginnt und wie ein gesungener Psalter sein erhabenes Charisma ausstrahlt.
Oder “Ruby”, welches mit seinem Gesangslinie verhuscht und zauberhaft durch die Gehörgänge zieht und uns ein wenig verzaubert. Sehr schön sind hier auch die mehrstimmigen Harmonien. Dann wieder ein krasser Song wie “Pusher Street”, der mit seinem schwer schleppenden Trip-Hop-Beat fast erstickt unter dem schweren Samt, der ihn geheimnisvoll umgibt.
Euch ist vielleicht aufgefallen, dass ich keine musikalischen Vergleiche gezogen habe. Das ist Absicht, da ich finde, The Marble Man hat sich eine eigenständige Nische geschaffen und diesen Status verdient. Lob für eine hohes Maß an Ideen und Kreativität, der reduzierten Klangästhetik sowie die in die Rillen gepreßte Spannung – man will garnicht mehr aufhören zu zuhören.
Eine unbedingte Kaufempfehlung für intelligente, deutsche Musik aus dem Hier und Jetzt.
Interpret | Keine Daten vorhanden |
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